September 2011

Facebook: „Gefällt-mir“-Button stellt Online-Händler vor Datenschutzprobleme

23.09.11 | Immer mehr Internetshops nutzen den „Gefällt-mir“-Button von Facebook. Die Funktionsweise ist einfach: Klickt ein Facebook-Mitglied im Internetshop auf den „Gefällt-mir“-Button, so sehen dessen Freunde bei Facebook die positive Bewertung und werden auf das Angebot des Online-Händlers aufmerksam. Es handelt sich also um eine Art Mund-zu-Mund-Propaganda im Internet.

Diese Form der Werbung erscheint für viele Betreiber von Internetshops attraktiv, denn rund ein Drittel aller Internetnutzer in Deutschland ist bei Facebook registriert.

Was zunächst verlockend klingt, könnte für die Betreiber von Internetshops bald zum kostspieligen Rechtsfall werden. Die Verwendung des „Gefällt-mir“-Buttons auf Internetseiten verstößt nämlich nach Ansicht von Datenschützern gegen geltendes Recht:

Facebook sammelt nach Angaben der Datenschützer personenbezogene Daten seiner Nutzer, ohne dass die Betroffenen dem zugestimmt haben. Facebook ist in der Lage, diese Daten seinen registrierten Nutzern namentlich zuzuordnen. Insbesondere kann Facebook nachvollziehen, welche Seiten mit „Gefällt-mir“-Button die registrierten Nutzer besuchen.

Hieraus lassen sich namentlich zugeordnete Verhaltensprofile erstellen, die wiederum den Betreibern der Internetshops zur Verfügung gestellt werden können. Datenschützer befürchten, dass Internetnutzer auf diese Weise zu „gläsernen Menschen“ werden könnten.

Mehrere Datenschutzbeauftragte haben daher angekündigt, gegen die Betreiber von Internetseiten mit „Gefällt-mir“-Button vorzugehen. Sie weisen darauf hin, dass der Verstoß gegen das Datenschutzrecht eine Ordnungswidrigkeit darstellen kann, die mit empfindlichen Bußgeldern von bis zu 50.000 EUR geahndet wird.

Es ist zudem zu erwarten, dass die Verwendung des Buttons eine Welle kostenpflichtiger Abmahnungen von Mitbewerbern auslöst.

Welche Möglichkeiten es gibt, den Button weiterhin zu nutzen ohne das Datenschutzrecht zu verletzen, wird zurzeit kontrovers diskutiert. Die allermeisten Lösungsvorschläge erscheinen dabei rechtlich nicht haltbar.

Vor diesem Hintergrund ist den Betreibern von Internetshops anzuraten, die Verwendung von „Gefällt-mir“-Buttons zu überdenken.


Erwerbsobliegenheit Bemühungen des Schuldners um eine angemessene Beschäftigung

05.09.11 | Zu den Pflichten des Schuldners anlässlich der Wohlverhaltensperiode gehört u.a. die so genannte Erwerbsobliegenheit. Diese sieht vor, dass der Schuldner seine Arbeitskraft bestmöglich im Arbeitsmarkt einsetzen muss.

Nunmehr hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 19.05.2011, Aktenzeichen IX ZB 224/09, zu der Frage Stellung genommen, welche Aktivitäten durch den Schuldner anlässlich des Nachweises der Bemühung um eine Arbeitsstelle entfaltet werden müssen.

Zur Obliegenheit des Schuldners, sich um eine angemessene Beschäftigung zu kümmern, gehört es im Regelfall, laufenden Kontakt zur Bundesagentur für Arbeit zu halten und sich selbst aktiv und ernsthaft um eine Arbeitsstelle zu bemühen, etwa durch Bewerbungen. Werden entsprechende Stellen angeboten, gelten 2 bis 3 Bewerbungen in der Woche nach dem BGH als grobe Richtgröße.

Der Schuldner war im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens während der Wohlverhaltensperiode selbstständig und unselbstständig erwerbstätig. Im Anhörungstermin zur Erteilung der Restschuldbefreiung beantragte ein Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung mit der Begründung, der Schuldner habe gegen seine Erwerbsobliegenheit verstoßen, weil er als Selbstständiger kein bzw. zu wenig Geld an den Treuhänder abgeführt habe. Der Schuldner hätte anlässlich einer angemessener abhängigen Beschäftigung mehr Geld verdienen und dementsprechend höhere Beträge an den Treuhänder abführen können und müssen.

Die vom Gläubiger gegen die Erteilung der Restschuldbefreiung gerichtete Beschwerde hatte im vorliegenden Fall Erfolg (vgl. BGH, Beschluss vom 19.05.2011, IX ZB 224/09).

Nach § 295 Abs. 2 InsO obliegt es dem selbstständig tätigen Schuldner, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Ist in der Wohlverhaltensperiode für den Schuldner absehbar, dass er mit seiner selbstständigen Tätigkeit nicht genug erwirtschaften wird, um seine Gläubiger so zu stellen, als übe er eine entsprechende abhängige Tätigkeit aus, braucht er seine Tätigkeit zunächst zwar nicht aufzugeben. Er muss sich nach der Entscheidung des BGH jedoch nachweisbar um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemühen. Besteht für den Schuldner, etwa wegen seines Alters oder der ungünstigen Verhältnisse am Arbeitsmarkt, nicht die Möglichkeit, in ein angemessenes abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu wechseln, scheidet eine Versagung der Restschuldbefreiung aus.

In dem vorliegenden Verfahren wurde dem Schuldner der Vorwurf gemacht, dass dieser sich nicht alsbald und nachhaltig um eine angemessene Erwerbstätigkeit bemüht hat. Dabei fielen in den betreffenden Zeitraum lediglich 6 Bewerbungen des Schuldners was durchschnittlich einer Bewerbung in einem Zeitraum von 3 Monaten entsprach.

Im Anwendungsbereich des § 295 Abs. 1 Nr. 1 InsO muss aber verlangt werden, dass der Schuldner bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet ist und laufend Kontakt zu den zuständigen Stellen sucht und hat. Zudem muss er selbst aktiv und ernsthaft durch entsprechende Bewerbungen seine Bemühungen für eine angemessene Erwerbstätigkeit darlegen können. Diesbezüglich hat der Bundesgerichtshof als groben Richtwert 2 bis 3 Bewerbungen in der Woche für erforderlich und geboten gehalten.

Demzufolge ist unerheblich, dass der Schuldner als selbstständig Tätiger einen Gewinn erzielt oder einen höheren Gewinn hätte erzielen können. Maßgeblich ist ausschließlich das anzunehmende fiktive Nettoeinkommen aus einer dem Schuldner möglichen abhängigen Tätigkeit.

Die Entscheidung des BGH stellt klar, welchen Umfang und was für eine Intensität die Bemühungen des Schuldners im Einzelfall haben müssen, um in der Lage zu sein, eine hinreichende Arbeitsplatzsuche anlässlich eines Versagungsverfahrens dokumentieren zu können.


Aufrechnung trotz Insolvenzplan

05.09.11 | Besteht in dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Aufrechnungsanspruch bzw. ein Aufrechnungsrecht, bleibt dieses auch dann erhalten, wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan als erlassen gilt (vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2011, IX ZR 222/08).

Treten mit formeller Rechtskraft des Insolvenzplans gem. § 254 Abs. 1 InsO die in einem gestaltenden Teil festgelegten materiellen Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein, können Insolvenzforderungen nur noch in Höhe der vereinbarten Quote durchgesetzt werden. Die Forderungen sind zwar – soweit sie anlässlich des Insolvenzplanverfahrens als erlassen gelten – nicht erloschen, bestehen indes nur noch als unvollkommene Verbindlichkeiten fort, deren Erfüllung nicht erzwungen werden kann. Die Aufrechnung mit einer solchen nicht durchsetzbaren Forderung ist demnach grundsätzlich ausgeschlossen. Ausnahmsweise anders verhält es sich jedoch dann, wenn die Aufrechnungslage bereits bei Verfahrenseröffnung bestand. Die Vorschrift des § 94 InsO regelt, dass das bei Verfahrenseröffnung bestehende Aufrechnungsrecht „durch das Verfahren nicht berührt“ wird.

In der Zustimmung zum Insolvenzplan oder in der widerstandslosen Hinnahme des Plans liegt regelmäßig kein Verzicht im Hinblick auf eine mögliche Aufrechnung durch den dazu berechtigten Gläubiger. Bezieht sich der Teilerlass des Plans nicht auch auf einen Ausschluss der Aufrechnungsmöglichkeit, kann das Einverständnis eines aufrechnungsberechtigten Insolvenzgläubigers nicht gleichzeitig als Verzicht zum eigenen Nachteil ausgelegt werden.

Nach Auffassung des BGH erlaubt die Zustimmung zum Insolvenzplan auch nicht den Schluss, nach Rechtskraft des Plans würde zur Abwehr von Ansprüchen der Masse von einer bestehenden Aufrechnungsmöglichkeit kein Gebrauch mehr gemacht werden.

Insoweit hat sich der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung gegen die wohl überwiegende Auffassung im Schrifttum für den Fortbestand der Aufrechnungsbefugnis ausgesprochen. Es wird nun zukünftig Sache des Insolvenzverwalters sein, bestehende Aufrechnungslagen in den Plan einzubeziehen und dort Regelungen für einen Aufrechnungsausschluss vorzusehen.


Keine Massezugehörigkeit der Kfz-Halterposition

01.09.11 | Der II. Senat des BFH hat in einem Gerichtsbescheid vom 08.07.2011 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen II R 49/09, klargestellt, dass die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeuges kein Vermögen im Sinne des § 35 InsO darstellt und demzufolge auch nicht zur Insolvenzmasse zählt.

Zuvor hatte der IX. BFH-Senat mit Entscheidung vom 29.08.2007 noch eine gegenteilige Rechtsauffassung vertreten und die Rechtsposition als Halter eines Kfz der Insolvenzmasse zugerechnet.

Der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die Kfz-Steuer alleinig zuständige II. Senat hat nunmehr im Rahmen seines Gerichtsbescheides vom 08.07.2011 ausdrücklich festgestellt, dass er die im Urteil des IX. BFH-Senats vertretene Auffassung nicht teilt.

Die Rechtsposition des Kfz-Halters ist kein geldwertes Recht oder Gut. Soweit dem Halter öffentlich-rechtliche Pflichten obliegen und er unter der Voraussetzung des § 7 StVG für beim Betrieb des Kraftfahrzeugs verursachte Schäden haftet, fehlt es schon an einem Geldwert. Aber auch soweit der Halter ein Anspruch gegen die Haftpflichtversicherung hat, begründet dies keine Zugehörigkeit der Rechtsposition des Fahrzeughalters zur Insolvenzmasse.

Die Entscheidung des II. Senats des BFH ist nicht zu beanstanden, da die Rechtsposition des Halters eines Kraftfahrzeuges kein Vermögen im Sinne des § 35 InsO darstellen kann.


Zustimmungspflicht des Insolvenzverwalters zur Zusammenveranlagung

01.09.11 | Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 18.05.2011 die Zustimmungspflicht des Insolvenzverwalters zur Zusammenveranlagung in der Insolvenz eines Ehegatten auch ohne Ausgleich für die Nutzung des Verlustvortrages beim anderen Ehegatten bestätigt (vgl. BGH, Urteil vom 18.05.2011, XII ZR 67/09).

Der gerichtliche Leitsatz lautet:

1. Der Anspruch eines Ehegatten auf Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung richtet sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des anderen Ehegatten gegen den Insolvenzverwalter.

2. Der Insolvenzverwalter kann die Zustimmung nicht davon abhängig machen, dass der Ehegatte – unabhängig von eventuell eintretenden steuerlichen Nachteilen – einen Ausgleich für die Nutzung eines dem anderen Ehegatten zustehenden Verlustabzugs an die Insolvenzmasse leistet. Ebenso wenig kann der Insolvenzverwalter verlangen, dass sich der Ehegatte zur Auszahlung der erzielten Steuerersparnis verpflichtet.

Nach ständiger Rechtsprechung ergibt sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten die aus § 1353 Abs. 1 BGB abzuleitende Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird.

Im zu entscheidenden Fall lagen die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Wahlrechts der Ehegatten nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG vor.

Ferner hatte der die Zustimmung zur Zusammenveranlagung verlangende Ehegatten den anderen Teil von steuerlichen Nachteilen freigestellt, so dass diesen keine Nachteile trafen.

Aufgrund des über das Vermögen des Ehepartners eröffneten Insolvenzverfahrens richtet sich der Anspruch nicht mehr gegen diesen, sondern gegen den Insolvenzverwalter.

Innerhalb des Insolvenzverfahrens wird das Wahlrecht für eine Getrennt- oder Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer gem. § 80 InsO, § 30 Abs. 1 und 3 AO durch den Insolvenzverwalter ausgeübt.

Der Anspruch stellt auch keine Insolvenzforderung dar, da es sich um einen „Vermögensanpruch“ im Sinne des § 38 InsO handelt. Insoweit stellt das Veranlagungswahlrecht keinen Vermögensgegenstand dar.

Der Insolvenzverwalter kann die Zustimmung zur Zusammenveranlagung jedoch davon abhängig machen, dass der insolvente Ehepartner und die Insolvenzmasse keiner zusätzlichen Belastung ausgesetzt werden. So ist der die Zustimmung zur Zusammenveranlagung begehrende Ehegatte verpflichtet, für steuerliche Nachteile, die in Folge der Zusammenveranlagung entstehen, aufzukommen.

Im Übrigen kann die begehrte Zustimmung nicht von weiteren Leistungen abhängig gemacht werden. Der isolvente Ehepartner hätte, wenn das Insolvenzverfahren nicht eröffnet worden wäre, keinen Anspruch auf Auszahlung desjenigen Betrages gehabt, um den sich die Steuerlast des anderen Ehepartners bei der Anspruchnahme des Verlustvortrages verringert.

Für die Nutzung des Verlustvortrages an sich braucht der die Zustimmung begehrende Ehegatte ebenfalls keinen Ausgleich zu leisten. Die insolvenzrechtliche Zuordnung des Verlustvortrages zur Insolvenzmasse verbietet es nicht, dem Ehegatten die Nutzung zu gestatten, ohne dass der Masse ein Gegenwert zufließt. Die Vorschrift des § 10 d EStG gewährt dem Steuerpflichtigen unter den dort statuierten Voraussetzungen eine subjektivöffentliche Berechtigung zum Verlustabzug, also zur Verrechnung der im Veranlagungszeitraum ihrer Entstehung nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte mit den positiven Einkünften nachfolgender Veranlagungszeiträume. Der Verlustabzug hat den Rechtscharakter eines aufschiebend, nämlich durch die Entstehung künftiger positiver Gesamtbeträge der Einkünfte bedingten Einkommensteuerminderungsanspruchs. Einem solchen potenziellen Verrechnungsanspruch kommt dem Grunde nach zwar ein wirtschaftlicher Vermögenswert zu. Aus dem Rechtscharakter der Einkommensteuer als Personensteuer und dem Prinzip der Individualbesteuerung folgt jedoch, dass der Verlustvortrag weder für sich genommen noch in Verbindung mit der die Verluste verursachenden Einkunftsquelle übertragen werden kann. Als Konsequenz hieraus hat der BGH abgeleitet, dass folglich der Verlustvortrag auch nicht zu Gunsten der Insolvenzmasse „massemehrend“ geltend gemacht werden kann.

Der Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung scheitert auch nicht an der im Falle der Zusammenveranlagung eintretenden gesamtschuldnerischen Haftung jedes Ehegatten für die gesamte Steuerschuld (§ 44 AO). Denn jeder der Ehegatten kann unmittelbar nach Zustellung des Steuerbescheids, nach §§ 268, 269 AO einen Antrag auf Aufteilung der Gesamtschuld des Inhalts stellen, dass die rückständige Steuer gem. § 270 AO im Verhältnis der Beträge aufzuteilen ist, die sich bei getrennter Veranlagung ergeben würden.

Damit werden auch die Interessen der Masse aus Sicht des Bundesgerichtshofes ausreichend gewahrt.