April 2013

Anspruch auf Mietkaution bildet kein Zurückbehaltungsrecht

22.04.13 | Mit Urteil vom 13.12.2012 hat der Bundesgerichtshof zu dem Aktenzeichen IX ZR 9/12 entschieden, dass eine vertragswidrig nicht insolvenzfest angelegte Barkaution dem Mieter in der Insolvenz des Vermieters kein Zurückbehaltungsrecht wegen vor Insolvenzeröffnung fällig gewordener Mieten eröffnet.

Der Insolvenzverwalter als Kläger hat nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes gegen den beklagten Mieter aus § 535 Abs. 2 BGB, § 80 Abs. 1 InsO einen Anspruch auf Zahlung der bis zur Räumung des Grundstücks fällig gewordenen Mieten in Höhe des mietvertraglich vereinbarten Mietzinses. Eine Aufrechnung des Mieters mit seinem Anspruch auf Rückgewähr der von ihm an den Gemeinschuldner erbrachten Barkaution gemäß § 95 Abs. 1 Satz 3, § 110 Abs. 3 Satz 2 InsO scheidet aus.

Der Anspruch auf Erstattung der geleisteten Barkaution war im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht fällig, da zu diesem Zeitpunkt das Nutzungsüberlassungsverhältnis bestand. Die Fälligkeit des Rückgewähranspruches ist dabei aus Sicht des Bundesgerichtshofes bis Vertragsende und Ablauf der Abrechnungsfrist hinausgeschoben. Dass der Mietvertrag mit Rückgabe des Grundstücks beendet und die Abrechnungsfrist abgelaufen war, konnte durch das Gericht nicht festgestellt werden. Dabei hat der Mieter zwar einen gegen die Gemeinschuldnerin gemäß § 6 Satz 3 des Gewerberaummietvertrages fälligen Anspruch auf Einzahlung der Mietkaution auf ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto, das ihm in der Insolvenz seines Vermieters ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO gewährt hätte. Diesen Anspruch kann der Beklagte jedoch nur außerhalb des Insolvenzverfahrens durchsetzen. In der Insolvenz des Vermieters ist der Anspruch ebenso wie der Rückgewähranspruch bloße Insolvenzforderung gemäß §§ 38, 87 InsO.

Die Vorschrift des § 108 Abs. 3 InsO bestimmt insoweit ausdrücklich, dass Ansprüche für die Zeit vor Insolvenzeröffnung vom Mieter nur als Insolvenzforderungen verfolgt werden können. Der Anspruch des Beklagten gegen die Gemeinschuldnerin wegen vertragswidriger Nichtanlage der Sicherheit war aber bereits vor Insolvenzeröffnung entstanden und fällig. Demzufolge kam aus Sicht des Bundesgerichtshofes ein Zurückbehaltungsrecht in der vorliegenden Fallkonstellation aus § 320 BGB nicht in Betracht, weil der Anspruch auf vertragsgemäßer Anlage der Mietkaution in keinem Gegenseitigkeitsverhältnis zum Anspruch der Schuldnerin auf Zahlung der rückständigen Miete steht. Auf § 273 BGB gestützte Zurückbehaltungsrechte entfalten in der Insolvenz keinerlei Wirkung, auch wenn es sich auf eine eigene, nicht zur Insolvenzmasse gehörende Sache des anderen Teils bezieht.

Der Bundesgerichtshof hat somit eine Schutzwürdigkeit des Mieters bei vertragswidrig nicht Insolvenz festangelegter Barkaution verneint. Dies ist auch nicht zu beanstanden, da der Mieter, will er sich vor dem Verlust der Mietsicherheit in der Insolvenz seines Vermieters schützen, den Vermieter zur Einzahlung der Kaution auf ein insolvenzfestes Sonderkonto zwingen kann. Dies kann im Wege der Aktivklage oder aber durch Ausübung eines Zurückbehaltungsrechtes in Höhe des Kautionsbetrages an den laufenden Mieten geschehen. Schließlich steht es dem Mieter frei, die Zahlung der Kaution nach Vertragsschluss von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos durch den Vermieter abhängig zu machen.

Der Mieter hat somit zu beachten, dass eine vereinbarte Mietkaution auf ein auf seinen Namen lautendes Sonderkonto gezahlt wird, um ihn in der Insolvenz seines Vermieters ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu gewährleisten.


Verjährung von Masseverbindlichkeiten

22.04.13 | Auch Massenverbindlichkeiten unterliegen der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB. Die Verjährung wird auch nicht durch die Anzeige einer Masseunzulänglichkeit durch den Insolvenzverwalter (§ 208 InsO) gehemmt.

Das Arbeitsgericht Oberhausen hat mit Urteil vom 19.04.2012 zu dem Aktenzeichen 4 Ca 2167/11 die Anwendung der Regelverjährung für Masseverbindlichkeiten bestätigt. Gleichsam hat das Arbeitsgericht Oberhausen darauf hingewiesen, dass die Anzeige der Masseunzulänglichkeit keine Hemmung der Verjährung bewirkt. Mit der Anzeige der Masseunzulänglichkeit gem. § 208 InsO ist weder eine Stundungsvereinbarung im Sinne des § 205 BGB, noch ein Stillhalteabkommen verbunden. Denn die gegenüber dem Insolvenzgericht abzugebende und öffentlich bekannt zu machende Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist gerade keine mit Rechtsbindungswillen abgegebene Willenserklärung, sondern bloße das rechnerische Verhältnis der Masse zu den Masseverbindlichkeiten betreffende Wissenserklärung. Ebenso scheidet eine Hemmung der Verjährung bei Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 206 BGB wegen höherer Gewalt aus, weil der Gläubiger trotz der angezeigten Masseunzulänglichkeit seine Rechte verfolgen und den Eintritt der Verjährung durch Erhebung einer Feststellungsklage verhindern kann. Auch eine Hemmung gemäß § 203 BGB hat das Arbeitsgericht Oberhausen im zu entscheidenden Fall abgelehnt, da keinerlei Verhandlungen zwischen den Parteien über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände geführt wurden. Die öffentliche Bekanntmachung der Masseunzulänglichkeit reicht hierfür nicht aus, da sie keine Erklärung des Insolvenzverwalters enthält, zu einer einvernehmlichen Regelung bereit zu sein.

Bei Masseunzulänglichkeit sollen lediglich die Verbindlichkeiten in einem auf die Masseverwertung beschränkten Verfahren unter Beachtung einer besonderen Rechtsfolge befriedigt werden. Dieses Verfahrensziel beinhaltet nicht gleichzeitig die Erklärung, dass mit Anzeige der Masseunzulänglichkeit in jedem Fall die Befriedigung der Masseforderung in Aussicht gestellt werde. Die bloße Veröffentlichung der Anzeige der Masseunzulänglichkeit kann überdies nicht den von § 203 BGB geforderten Meinungsaustausch zwischen den Parteien ersetzen.

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Oberhausen ist es dem Insolvenzverwalter schließlich auch nicht aus Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Eintritt der Verjährung zu berufen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der Insolvenzverwalter den Gläubiger von einer rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hätte, etwa weil er den Eindruck erweckt oder aufrechterhalten hat, dass er den Anspruch befriedigen oder nur mit sachlichen Einwendungen bekämpfen wolle.

Massegläubiger müssen somit bedenken, dass Masseverbindlichkeiten der Regelverjährung des § 195 BGB unterliegen.

Vernachlässigen Massegläubiger nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die weitere Verfolgung ihrer Ansprüche in der Annahme, vom Insolvenzverwalter im Rahmen der quotalen Befriedigung quasi von Amts wegen bedacht zu werden, so ist diese Annahme unzutreffend. Verjährte Forderungen dürfen nämlich vom Insolvenzverwalter schon mit Blick auf eine mögliche Insolvenzverwalterhaftung nicht bedient werden.


Verwertung sicherungshalber abgetretener Forderungen

22.04.13 | Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 18.10.2012 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IX ZR 10/10 entschieden, dass ein Insolvenzverwalter im Rahmen seiner gesetzlichen Ermächtigung zur Verwertung sicherungshalber abgetretener Forderungen des Schuldners auch befugt ist, eine Einziehungsermächtigung zu Gunsten eines Dritten zu erteilen.

Der Bundesgerichtshof hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Erteilung einer Einzugsermächtigung zu Gunsten eines Dritten im Rahmen der Verwertung vom Schuldner sicherungshalber abgetretener Forderungen (§ 166 Abs. 2 InsO) von der gesetzlichen Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters gedeckt ist.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 166 Abs. 2 InsO kann der Insolvenzverwalter Forderungen, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat, auch in anderer Weise verwerten als sie selbst einzuziehen. Die Vorschrift des § 168 Abs. 1 InsO verleiht dem Insolvenzverwalter unter den dort genannten Voraussetzungen unter anderem das Recht, auch sicherungshalber abgetretene Forderungen zu verkaufen. Unter diese Vorschrift fallen nämlich nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch Forderungen und damit alle Sachen und Rechte, zu deren Verwertung der Insolvenzverwalter nach § 166 InsO berechtigt ist. Die Verwertungsermächtigung des Insolvenzverwalters nach § 166 Abs. 2 InsO beinhaltet einen deutlich weiteren Wirkungskreis als eine rechtsgeschäftliche Einzugsermächtigung. Nach der Vorschrift des § 168 Abs. 3 InsO erschöpft sich die Wahl der gegebenen Verwertungsmöglichkeiten nicht bloß in der Überlassung des Gegenstandes an den absonderungsberechtigten Gläubiger zur eigenen Verwertung. Vielmehr hat der Insolvenzverwalter die Auswahl unter mehreren Verwertungsmöglichkeiten unter dem Gesichtspunkt der Kosteneinsparung vorzunehmen.

Muss eine sicherungsabgetretene Forderung – wie im zu entscheidenden Fall – im Prozess gegen den Drittschuldner durchgesetzt werden, kann der Insolvenzverwalter sowohl an einem Forderungsverkauf als auch an der Erteilung einer rechtsgeschäftlichen Einzugsermächtigung Interesse haben, um den Aufwand und damit die Kosten dem Zessionar der Forderung oder dem Drittermächtigten aufzubürden.

Die Entscheidung ist zu begrüßen, da im Interesse einer bestmöglichen Befriedigung der Gläubigergesamtheit der Insolvenzverwalter bemüht sein muss, die Kosten beim Einzug sicherungshalber abgetretener Forderungen möglichst niedrig zu halten. Hiermit wäre ein einschränkendes Verständnis der Vorschrift des § 166 InsO nicht vereinbar.