April 2014

Keine Massezugehörigkeit von privaten Krankenversicherungsverträgen

29.04.14 | Ein privater Krankheitskostenversicherungsvertrag wird nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst und unterliegt daher nicht dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO.

Ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit nahm eine natürliche Person über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde auf Zahlung rückständiger Prämien aus einem Vertrag über Kranken- und Pflegeversicherung in Anspruch. Versicherungsnehmer dieses Vertrages war der Gemeinschuldner.

Mit Urteil vom 19.02.2014 hat der Bundesgerichtshof zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IV ZR 163/13 (Vorinstanz OLG Jena) entschieden, dass private Krankenversicherungsverträge nicht zur Insolvenzmasse zählen und demzufolge auch nicht das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO besteht.

Zwar fallen auch Versicherungsverträge als Dauerschuldverhältnisse, die noch nicht vollständig erfüllt sind, im Grundsatz unter das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO, sofern sie vom Insolvenzbeschlag erfasst werden. Letzteres trifft aber aufgrund der Regelung des § 850 b ZPO nicht auf private Krankenversicherungsverträge zu.

Die Vorschrift des § 850 b ZPO findet auch im Insolvenzverfahren entsprechende Anwendung, weshalb nach der nunmehr ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes die unter diese Bestimmung fallenden Ansprüche nicht vom Insolvenzbeschlag erfasst werden.

Dies gilt auch für private Krankheitskostenversicherungsverträge (siehe a.a.O. mit weiteren Nachweisen). Zu den in § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO genannten Bezügen zählen auch die Leistungsansprüche aus einer privaten Krankheitskostenversicherung, die auf Erstattung von Kosten für ärztliche Behandlungsmaßnahmen im Krankheitsfall gerichtet sind (BGH, Beschluss vom 04.07.2007, VII ZB 68/06, ZVI 2007, 521 = VersR 2007, 1435, Rz. 12).

Kann somit der Insolvenzverwalter oder der Treuhänder (§ 313 InsO) die Forderungen des Schuldners aus dem Vertrag nicht zur Masse ziehen, so ist auch kein Raum für die Anwendung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters gemäß § 103 InsO. Der Sinn des Erfüllungswahlrechts nach § 103 InsO besteht darin, dass der Insolvenzverwalter durch die Erfüllungswahl ggf. Vermögenswerte zur Masse ziehen oder andernfalls die Belastung der Masse mit den Gegenforderungen vermeiden kann. Diese Vorschrift setzt deshalb einen Massebezug voraus. Insolvenzfreie Schuldverhältnisse werden von ihr generell nicht erfasst.


[:en]25.10.17 | Selbst wenn eine Zeitung in ihrem Bericht über ein falsches Gerücht, darauf hinweist, dass es sich um ein Gerücht handelt, kann dies eine erhebliche Geldentschädigung begründen (OLG Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 7 U 32/15).

Ein Verlag berichtete in einem Artikel über ein in Deutschland sehr bekanntes Ehepaar (Corinna und Michael Schumacher). Auf dem Titelblatt war die folgende Schlagzeile abgedruckt: „Wie gemein! … Sie standen vor der Trennung! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt? Es geht um die Zeit vor dem Unfall…“ Ursprünglich veröffentlichte ein Nutzer entsprechende Gerüchte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil.

Der Artikel im Innenteil der auflagenstarken Zeitung befasste sich dann mit den Gerüchten über die Trennungsabsichten des berühmten Ehepaars.

Nach Ansicht des OLG Hamburg steht den Betroffenen eine Geldentschädigung in Höhe von 30.000 € zu, da die Verbreitung des unwahren Gerüchts das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletze und rechtswidrig in die Privatsphäre des Ehepaars eingreife. Der Verlag habe keine Recherche dargelegt, auf welchen Erkenntnissen der vorhergehende Facebook-Post beruhe.

Die Verbreitung des Gerüchts wurde in dem Artikel zwar als „gemein“, „fies“ und „widerlich“ bezeichnet, dennoch seien diese Stellungnahmen nichtssagend und gäben keine Auskunft darüber, ob die Gerüchte wahr seien oder nicht.

Das Gericht nahm daher an, dass die Zeitung die Gerüchte ungeprüft einfach übernommen und sich nicht ausreichend davon distanziert habe, so dass ein hoher Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sei.


Verweigerung der Kfz-Zulassung wegen rückständiger Gebühren auch in der Insolvenz des Halters

28.04.14 | Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat mit Beschluss vom 10.10.2013 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen 1 B 72/13 im Rahmen eines Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz zu der Frage Stellung genommen, ob wegen rückständiger Gebühren eine Verweigerung der Kfz-Zulassung auch in der Insolvenz des Halters gerechtfertigt ist. Der Leitsatz der rechtskräftigen Entscheidung lautet:

Die Fahrzeugzulassung darf in Niedersachsen grundsätzlich auch dann von der Zahlung von Gebühren und Auslagen aus vorangegangenen Zulassungsvorgängen abhängig gemacht werden, wenn über das Vermögen des Fahrzeughalters ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Bei der im vorliegenden Verfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sachlage sah das Verwaltungsgericht Lüneburg es nicht als erkennbar an, dass die Antragstellerin mit ihrem Begehren im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit obsiegen wird. Dabei wurde ein Antrag der Antragstellerin, die sich im Insolvenzverfahren befand auf Zulassung eines Fahrzeugs durch die Kfz-Zulassungsstelle abgelehnt, weil aus vorausgegangenen Zulassungsvorgängen noch Gebührenrückstände in Höhe von 60,00 € bestanden.

Das Verwaltungsgericht Lüneburg sah die Verwaltung nach § 6 a Abs. 8 StVG i. V. m. § 1 Abs. 1 FahrzVollstrVermG ND als berechtigt an, die Zulassung von Fahrzeugen von der Entrichtung rückständiger Gebühren und Auslagen aus vorangegangenen Zulassungsverfahren abhängig zu machen, wenn diese mehr als 10,00 € betragen.

Dabei steht nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Lüneburg die Insolvenzordnung dieser gesetzlichen Regelung für Forderungen, die zur Insolvenzmasse anzumelden sind, nicht entgegen. Zur Begründung bezog sich das Gericht auf die Ausführungen der Verwaltung, denen es auch folgte. Diese stützte ihre Argumentation auf das Urteil des BGH vom 14.01.2010 (ZIP 2010, 380). Der Bundesgerichtshof hat in der zuvor genannten Entscheidung dargelegt, dass die Anwendung dieser Vorschrift auch gegenüber Schuldnern, die sich im Insolvenzverfahren befinden, weder gegen die Insolvenzordnung noch gegen die guten Sitten verstoße, auch wenn der Schuldner dadurch in eine gewisse Zwangslage gerate. Dieser Rechtsauffassung folgte das Verwaltungsgericht Lüneburg.

Dass der Antragstellerin die Bezahlung der rückständigen 60,00 € aus dem insolvenzfreien Vermögen unzumutbar wäre, hat diese nicht hinreichend glaubhaft gemacht und war somit für das Verwaltungsgericht auch nicht ersichtlich.