August 2016

Bei Prospekten ohne Bestellmöglichkeit ist keine Textilkennzeichnung erforderlich

29.08.16 | Mit Urteil vom 24. Juni 2016 (Az.: I ZR 7/15) entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass in reinen Werbeprospekten ohne Bestellmöglichkeit nicht angegeben werden muss, aus welchen Materialien die beworbenen Bekleidungsstücke bestehen.

Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung zugrunde:

Das beklagte Unternehmen betreibt eine Vielzahl von Geschäften in Deutschland und bewarb in einem Faltblatt die in ihren Kaufhäusern erhältlichen Bekleidungsstücke, wobei in der Werbung keine Angaben zur textilen Zusammensetzung enthalten waren.

Gegen diese Werbung klagte die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V. auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten, da sie darin ein wettbewerbswidriges Verhalten wegen Rechtsbruch und Irreführung der Kunden sah. Nach Ansicht des Vereins hätte das beklagte Unternehmen angeben müssen, aus welchen Materialien die angebotenen Bekleidungsstücke bestehen, auch wenn diese nur in einem Kaufhaus der Beklagten gekauft werden und nicht direkt über den Prospekt bestellt werden können. Sie berief sich dabei auf die Textilkennzeichnungsverordnung der EU.

Nachdem die Unterlassungsklage vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Düsseldorf abgewiesen wurde, hatte das Begehren der Klägerin auch vor dem BGH keinen Erfolg.

Der BGH führt in seinem Urteil an, dass die Kennzeichnungspflicht bei Textilprodukten zwar eine zum Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelung darstelle, wobei Art. 16 Abs. 1 S. 1 TextilKennzVO die Pflicht enthalte die Textilfaserzusammensetzung anzugeben. Dies beziehe sich allerdings auf Situationen, bei denen der Kunde das Kleidungsstück direkt erwerben kann, etwa bei der Präsentation in einem Ladengeschäft. Diesbezüglich seien die Informationen über die Materialzusammensetzung schon vor dem Kauf gegenüber dem Verbraucher deutlich darzustellen.

In dem vorliegenden Fall aber bestünde über den Werbeprospekt keine direkte Bestell- oder Kaufmöglichkeit, so dass die entsprechenden Informationen nicht vorgehalten werden müssen. Eine Verletzung des Wettbewerbsrechts sah das Gericht deshalb nicht.


Internetdomain „www.polizei-jugendschutz.de“ verstößt gegen Namensrechte der Polizei

22.08.16 | Das Land Nordrhein-Westfalen darf einem Privatunternehmen die Nutzung des Begriffs „Polizei“ für ihre Internetadresse verbieten, da diesem Begriff Namensschutz zukommt und in dem vorliegenden Fall dem Bundesland und seinen Einrichtungen wie den Polizeibehörden zuzuordnen war (OLG Hamm mit Urteil vom 20. Mai 2016, Az.: 12 U 126/15).

Das Bundesland NRW klagte gegen ein Unternehmen, welches sich mit seiner Internetpräsentation www.polizei-jugendschutz.de an Eltern zum Thema Anti-Gewalt-Seminare und Opferschutz wendete und verlangte die Unterlassung der Nutzung des Begriffs „Polizei“ sowie die Freigabe der entsprechenden Internetdomain.

Das OLG Hamm gab dem Begehren des Landes NRW statt, so dass das Unternehmen den Begriff „Polizei“ sowie die Internet-Domain nicht mehr benutzen darf.

Das Gericht war der Ansicht, dass der Begriff „Polizei“ als Name gemäß § 12 BGB geschützt sei, wobei die Norm ebenfalls auch auf juristische Personen des öffentlichen Rechts anwendbar sei. Das Bundesland könne sich insofern auf sein Namensrecht berufen. Es sei Träger der Polizeibehörde, die eben unter dem Namen „Polizei“ öffentliche Gewalt ausübe. Das beklagte Unternehmen habe den Namen „Polizei“ unbefugt gebraucht, da sie keine Trägerin der Polizeibehörde sei und auch nicht zur Nutzung des Namens ermächtigt worden sei.

Die angesprochenen Bürger würden aufgrund der Namensgebung der Internetdomain nicht erkennen können, dass das Angebot tatsächlich nicht von der Polizei komme. Dabei habe die Gestaltung der Internetseite den Eindruck verstärkt, dass diese von dem Land NRW bzw. der zuständigen Polizeibehörde betrieben wurde.

Aus diesem Grund habe das Internetangebot die schutzwürdigen Interessen des Landes verletzt. Zudem bestünde ein berechtigtes Interesse daran, dass der Begriff „Polizei“ nicht zu gewerblichen Zwecken von Privatunternehmen genutzt werde.


BGH zur Werbung mit durchgestrichenen Preisen im Online-Handel

22.08.16 | Verbraucher erkennen auch im Internet die Bedeutung durchgestrichener Preise. Sie erkennen dort ebenso wie in Ladengeschäften, dass es sich bei einer durchgestrichenen Preisangabe um den früher geforderten Preis handelt, ohne dass gesondert darauf hingewiesen werden muss (BGH mit Urteil vom 5. November 2015, Az.: I ZR 182/14).

Folgender Fall lag der Entscheidung zugrunde:

Die Klägerin und die Beklagte vertreiben Fahrradanhänger über die Handelsplattform Amazon. Die Klägerin richtete sich gegen ein Angebot der Beklagten, bei dem sie Fahrradanhänger mit einem höheren durchgestrichenen Preis und einem darunter gesetzten niedrigeren Preis bewarb. Dies hielt die Klägerin für irreführende Werbung, weil nicht klar werde, um was für einen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handele (z.B. früherer Preis oder unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers).

Der BGH hielt die Klage für unbegründet: Die Werbung mit durchgestrichenen Preisen auf einer Handelsplattform wie Amazon sei nicht allein schon deshalb irreführend, weil nicht zusätzlich angegeben wird, um welchen Preis es sich bei dem durchgestrichenen Preis handelt.

Für die angesprochenen Verbraucher sei eindeutig gewesen, dass sich der durchgestrichene Preis auf einen früher von dem Beklagten geforderten Preis bezieht. Dieses Verständnis, welches aus dem stationären Handel bekannt ist, sei nicht deswegen anders zu beurteilen, weil die Werbung im Internet erfolge.

Ein zusätzlicher Hinweis, worauf sich der durchgestrichene Preis bezieht, sei deshalb auch im Internet nicht erforderlich.


Amazon-Marketplace-Händler müssen ihre Produktbeschreibungen regelmäßig überprüfen

09.08.16 | Sobald Dritte die Möglichkeit haben, in einem Amazon-Händlershop eigenständig Produktbeschreibungen zu bestimmten Angeboten zu ergänzen oder zu verändern, trifft den Marketplace-Händler eine Prüfungspflicht auf eventuelle Rechtsverletzungen (BGH Urteil vom 03. März 2016, Az.: I ZR 140/14).

Geklagt hatte der Inhaber der Wortmarke „TRIFOO“, die für „Datenverarbeitungsgeräte und Computer, Schnittstellengeräte und –programme für Computer“ beim Deutschen Patent-und Markenamt (kurz: DPMA) eingetragen ist. Die Klage richtete sich gegen den Betreiber eines Händlershops, der über den Amazon-Marketplace eine „FingerMaus“ anbot. Das Angebot enthielt die Angaben „Trifoo USB 2.0 Finger Maus 3D Optical Mouse für PC Notebook 800 DPI“ und „Verkauf und Versand durch e.“. Dabei stammte diese Ware nicht von dem Kläger.

Der Kläger verlangte die Unterlassung der Nutzung der Wortmarke „TRIFOO“ durch den Beklagten. Dieser behauptete, dass sein Produktangebot hinsichtlich der Computermaus die Bezeichnung „TRIFOO“ gar nicht enthalten und ein anderer Händler die Marke „TRIFOO“ der Produktbeschreibung zugefügt habe.

Der BGH entschied, dass das Angebot der „Trifoo-FingerMaus“ den Kläger in seinen Markenrechten verletzte, da in dem Amazon-Marketplace des Beklagten ein identisches Zeichen zu „TRIFOO“ genutzt wurde. Der Beklagte hafte für die rechtsverletzende Handlung, auch wenn er das Zeichen selbst nicht eingefügt habe. Ihn treffe eine Rechtspflicht zur Prüfung und zur Abwendung einer Rechtsverletzung, die von seinem Shop ausginge. Denn die Einstellung von Angeboten auf dem „Amazon-Marketplace“ berge eine erhöhte Gefahr von Rechtsverletzungen, da die jeweiligen Produktbeschreibungen auch durch andere Händler geändert werden könne. Dies sei auch in Händlerkreisen bekannt.