April 2017

Verwechslungsgefahr auch bei längerer Kennzeichnung

25.10.17 | Für die Annahme einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr muss die ältere verletzte Marke in der zusammen gesetzten Verletzungsmarke im Gesamteindruck nicht dominieren, entschied das Landgericht Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017 (Az.: 312 O 200/16).

Die Klägerin verfügt über die deutsche Wortmarke „Mo“, wobei die Marke unter anderem für Bekleidungsstücke eingetragen ist. Sie klagte gegen die Betreiberin einer Plattform, welche Sporthosen unter der Bezeichnung „Zumba Fitness Mo Herren Hose Fun S schwarz – back to black“ anbot. Mit der Klage begehrte die Klägerin die Unterlassung der Nutzung des Markennamens „Mo“.

Das Gericht gab der Klage statt:

Aufgrund der Übereinstimmung im Bestandteil „Mo“ habe die Beklagte die Markenrechte der Klägerin verletzt. Die Bestandteile „Fitness“, „Herren Hose Fun S schwarz – back to black“ und „Zumba“ seien rein beschreibend und allgemein verständlich. Die Wortmarke der Klägerin komme in dieser Produktbezeichnung vor, und nehme dabei eine selbstständig kennzeichnende Stellung ein. Auch wenn die Marke in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen werde, schließe dies die selbständig kennzeichnende Stellung nicht aus. Eine besondere dominierende Prägung der Marke „Mo“ sei dabei nicht erforderlich.

Für die Feststellung einer Verwechslungsgefahr genüge es, dass der angesprochene Verkehr aufgrund der selbstständig kennzeichnende Stellung der Marke „Mo“ innerhalb des Gesamtzeichens auf den Inhaber dieser Marke schließen könne.


Zulässigkeit von 0,50 € -Wertgutscheinen in Apotheken

18.04.17 | Apotheken dürfen ihren Kunden Wertgutscheine in Höhe von 0,50 € für verschreibungspflichtige Medikamente schenken; ein Wettbewerbsrechtsverstoß sei darin nicht zu erkennen (LG Lüneburg mit Urteil vom 23. März 2017, Az.: 7 O 15/17).

Eine Apotheke beantragte den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen eine Konkurrenz-Apotheke, weil sie der Meinung war, dass die Verteilung von Gutscheinen in Höhe von 0,50 € durch den Wettbewerber wettbewerbswidrig sei.

Das LG Lüneburg wies den Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung zurück. Es vertrat die Ansicht, dass die Entscheidung der Verbraucher, bestimmte Arzneimittel auszuwählen, durch den Erhalt eines Wertgutscheins in Höhe von 0,50 € nicht wesentlich beeinflusst werde. Dies gelte auch dann, wenn der Gutschein nicht nur bei dem Kauf einzelner Produkte, sondern ebenso für verschreibungspflichtige Medikamente gültig sei.

Der Verbraucher treffe seine Wahl aufgrund unterschiedlicher Kriterien wie Erreichbarkeit, Verfügbarkeit von Medikamenten und Beratungskompetenz. Ein Gutschein in Höhe von 0,50 € spiele bei der Entscheidung für eine bestimmte Apotheke nur eine untergeordnete Rolle. Es handele sich letztlich um eine geringwertige Zugabe wie etwa Papiertaschentücher oder Hustenbonbons. Eine wettbewerbsrechtswidrige Handlung sei deshalb darin nicht zu erkennen.

Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.


Wann haftet ein Portalbetreiber für die Einträge der Nutzer?

12.04.17 | Der Portalbetreiber macht sich eine Nutzerbewertung zu Eigen, sobald er einen Eintrag auf eine Rüge hin inhaltlich überprüft und nicht genügend abändert. In diesem Fall haftet der Betreiber als unmittelbarer Störer für falsche Tatsachenbehauptungen (BGH vom 4. April 2017, Az.: VI ZR 123/16).

Eine Klinik hatte gegen den Betreiber eines Portals für Klinikbewertungen geklagt und Unterlassung hinsichtlich einer negativen Äußerung eines Nutzers gefordert. Der Nutzer hatte einen Erfahrungsbericht über die Klinik eingestellt, in dem er behauptete, es sei bei einem Standardeingriff zu einer septischen Komplikation gekommen. Außerdem sei das Klinikpersonal mit der lebensbedrohlichen Situation überfordert gewesen, wobei dies beinahe zum Tod des Nutzers geführt haben soll. Die Klinik forderte den beklagten Portalbetreiber dazu auf, den Beitrag zu entfernen, woraufhin der beklagte Portalbetreiber ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen an dem Text vornahm und einen Satzteil strich.

Der Portalbetreiber teilte dem Nutzer mit, dass er Eingriffe vorgenommen habe, weitere Änderungen aber nicht erforderlich wären. Alle Instanzen, bis zum BGH, gaben der Klage der Klinik statt. Der BGH war der Auffassung, dass sich der Portalbetreiber die angegriffenen Äußerungen zu Eigen gemacht habe, und somit als unmittelbarer Störer hafte. Er habe eine inhaltliche Verantwortung für die negativen Äußerungen übernommen, indem er eigenständig ohne Rücksprache mit dem Patienten Änderungen und Streichungen an dem Kommentar vorgenommen hat.

Zudem habe es sich um unwahre Tatsachenbehauptungen gehandelt, so dass das Recht des Portalbetreibers auf Meinungsfreiheit hinter dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Klinik zurücktreten müsse.


Vollmilch darf „Weide-Milch“ genannt werden

06.04.17 | Unter welchen Voraussetzungen Vollmilch als „Weide-Milch“ bezeichnet werden darf ist nicht rechtlich vorgegeben, entschied das OLG Nürnberg mit Urteil vom 7. Februar 2017 (Az.: 3 U 1537/16).

Ein Wettbewerbsverband klagte gegen einen bekannten Discounter, der seine Vollmilch als „frische Weide-Milch“ bezeichnet und auf seiner Milch-Verpackung grasende Kühe sowie den Hinweis abgedruckt hat: „Bei diesem Produkt handelt es sich um 100 % Weidemilch. Unsere Weidemilch stammt von Kühen, die mindestens 120 Tage im Jahr und davon mindestens 6 Stunden am Tag auf der Weide stehen.“

Der Wettbewerbsverband sah in dieser Bewerbung eine Irreführung, da die Milch von Kühen stamme, die nur 120 Tage, je 6 Stunden im Jahr auf der Weide stehen, die restliche Zeit jedoch im Stall. Trotz der Hinweise auf der Verpackung würde die Gefahr bestehen, dass die Kunden in die Irre geführt werden. Nach Auffassung des Wettbewerbsverbands erwarte der Verbraucher, dass Weidemilch von Kühen stamme, die vor dem Melken frei und ausgiebig auf einer Weide grasten.

Dies sah das OLG Nürnberg anders und hob das erstinstanzliche Urteil mit folgender Begründung auf: Bei der Beklagten handele es sich lediglich um die Händlerin der Milch, und sie könne daher nicht als Verantwortliche im Sinne der einschlägigen Lebensmittelinformationsverordnung in Anspruch genommen werden.

Selbst wenn aber der Milchproduzent in Anspruch genommen werden könnte, gäbe es keine rechtlichen Vorgaben, wann eine Milch als „Weide-Milch“ bezeichnet werden darf. Die entsprechenden Informationen auf der Verpackung seien auch nicht irreführend:

Das Gericht zweifelte bereits daran, dass die angesprochenen Verbraucher tatsächlich unter der Bezeichnung „Weide-Milch“ verstünden, dass die Milch von Kühen stamme, die am Tag der Melkung oder am Vortag mindestens 6 Stunden auf der Weide standen. Ob die Kunden angesichts der globalisierten Welt tatsächlich die Erwartung hegen würden, die entsprechenden Milchkühe würden das ganze Jahr auf der freien Weide stehen, sei zweifelhaft.