Juni 2011

Regelinsolvenzverfahren und Nebentätigkeit

29.06.11 | Auch ein abhängig beschäftigter Schuldner kann bei einer selbstständigen Nebentätigkeit unter die Vorschriften des Regelsinsolvenzverfahrens fallen. Hierfür ist jedoch Voraussetzung, dass sich die Nebentätigkeit organisatorisch verfestigt hat und einen nennenswerten Umfang erreicht. Mit Beschluss vom 24.03.2011 hat der BGH zu dem AZ. IX ZB 80/11, entschieden, dass ein abhängig beschäftigter Schuldner aufgrund einer wirtschaftlichen selbstständigen Nebentätigkeit unter die für das Regelinsolvenzverfahren geltenden Vorschriften fallen kann. Die Vorschriften des Regelinsolvenzverfahrens sind jedoch nur anwendbar, sofern die selbstständige Nebentätigkeit einen nennenswerten Umfang erreicht und sich diese zudem organisatorisch verfestigt hat. Dies setzt voraus, dass hinsichtlich der selbstständigen Nebentätigkeit Einkünfte oberhalb der Bagatellgrenze des § 3 Nr. 26 EStG in Höhe von derzeit 2.100,00 € erzielt werden.

Hintergrund der angeführten Entscheidung des BGH war ein durch die Schuldnerin anlässlich des eröffneten Regelinsolvenzverfahrens gestellter Insolvenzplan. Hiernach sollte sie gegen eine Einmalzahlung in Höhe von 20.000,00 € die Restschuldbefreiung erlangen.

Der durch den BGH zu entscheidende Fall macht zudem die Tücken des Insolvenzplanverfahrens deutlich. Denn die Gläubiger sind gehalten, einen Antrag auf Versagung der Planbestätigung im Abstimmungstermin unter gleichzeitiger Glaubhaftmachung der behaupteten Schlechtdarstellung zu stellen, wenn sie ihre Rechte nicht verlieren wollen.

Insoweit hat der 9. Senat des BGH mit dem Hinweis auf die Bagatellgrenze des § 3 Nr. 26 EStG den Insolvenzgerichten ein taugliches Instrument zur Bestimmung des für die Abgrenzung erforderlichen nennenswerten Umfangs einer selbstständigen Nebentätigkeit aufgezeigt.

Zudem zeigt die Entscheidung, dass auch innerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht unerhebliche Gestaltungsmöglichkeiten bestehen.


Veranlagungswahlrecht des Insolvenzverwalters

29.06.11 | Das Veranlagungswahlrecht in der Insolvenz eines Ehegatten ist bzw. kann durch den Insolvenzverwalter ausgeübt werden.

Insoweit hat der BFH mit Beschluss vom 22.03.2011 zu dem AZ. IIIB 114/09 eine auf diese Frage zielende Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen.

Dabei hat der BFH Bezug genommen auf seine ständige Rechtsprechung, wonach das Veranlagungswahlrecht beim Tod eines Ehegatten auf den oder die Erben übergeht. (vgl. BFHE 218, 281 = BStBl II 2007, 770, m. w. N.).

Dieser ständigen Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, dass das Veranlagungswahlrecht kein höchstpersönliches und damit ein vererbliches Recht ist.

Zudem wird durch den BFH diese Frage seit dem Kalenderjahr 2007 eindeutig dahingehend beantwortet, dass das Veranlagungswahlrecht beim Insolvenzverwalter liegt. So hat der beschließende Senat in seinem Urteil BFHE 218,281 die Entscheidung des BGH vom 24.05.2007, AZ. IX ZR 8/06, wonach das Veranlagungswahlrecht mangels höchstpersönlicher Natur in der Insolvenz eines Ehegatten durch den Insolvenzverwalter ausgeübt wird, ersichtlich als zutreffende Fortentwicklung der BFH-Rechtsprechung betrachtet.

Auch wenn der BFH die Frage, von wem das Veranlagungswahlrecht in der Insolvenz eines Ehegatten auszuüben ist, bislang noch nicht ausdrücklich entschieden hat, ist es doch im Hinblick auf die BFH-Rechtsprechung davon auszugehen, dass dieses Recht in der Insolvenz dem Insolvenzverwalter zusteht und auch zustehen soll.


Auskunftspflichten im Restschuldbefreiungsverfahren

29.06.11 | Mit Beschluss vom 17.03.2011 hat der BGH zu dem AZ. IX ZB 174/08 entschieden, dass der Schuldner grobfahrlässig gegen seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten verstößt, wenn er bei Stellung eines mit einem Restschuldbefreiungsgesuch verbundenen Insolvenzantrages zu einer kurz zuvor vorgenommenen Grundstücksschenkung auf Nachfrage keine Angaben macht.

Im Rahmen der Insolvenzantragsstellung hat der Schuldner Auskunft darüber zu geben, ob er in den letzen vier Jahren Vermögensgegenstände verschenkt bzw. in den letzten zwei Jahren Vermögensgegenstände an nahe Angehörige veräußert hat.

Sind entsprechende Lebenssachverhalte durch den Schuldner verwirklicht worden und wird die Offenlegung dieser Lebenssachverhalte durch den Schuldner unterlassen, ist dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen, da er seine Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO zumindest grobfahrlässig verletzt hat.

Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass der Schuldner Auskunft über alle das Verfahren betreffende Umstände zu geben hat. Dabei entspricht es der ständigen Rechtssprechung des 9. Senats des BGH, dass der Schuldner ohne besondere Nachfrage sämtliche Umstände von sich aus offen legen muss, soweit sie für das Verfahren von Bedeutung sein könnten.


Rechtsmissbräuchlichkeit eines Insolvenzantrages

29.06.11 | Der BGH hat mit Beschluss vom 19.05.2011, AZ. IX ZB 214/10 zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines Insolvenzantrages durch einen Mitbewerber Stellung genommen.

Danach ist ein Insolvenzantrag als rechtsmissbräuchlich zu erachten, wenn mit dem Insolvenzverfahren der ausschließliche Zweck verfolgt wird, den Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu entfernen.

Gemäß § 14 Abs. 1 InsO ist der Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur zulässig, wenn er ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat. In aller Regel wird einem Gläubiger, dem eine Forderung zusteht und der einen Eröffnungsgrund glaubhaft macht, dass rechtliche Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon wegen des staatlichen Vollstreckungsmonopols nicht abgesprochen werden können (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29.06.2006, AZ. IX ZB 245/05 ZIP 2006, 1452).

Ausnahmsweise fehlt es jedoch an einem Rechtschutzinteresse, wenn der Antrag allein zu dem Zweck gestellt wird, einen Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu entfernen. Das Rechtschutzinteresse entfällt jedoch nur dann, wenn der Gläubiger ausschließlich insolvenzwidrige Zwecke verfolgt. Ist Ziel des Gläubigers neben einer quotalen Befriedigung auch die Ausschaltung eines zahlungsunfähigen Wettbewerbers, ist ihm das Rechtschutzinteresse nicht abzusprechen. Denn der Normzweck, einen insolventen Schuldner an einer weiteren Tätigkeit zu hindern, schließt mit Rücksicht auf den allgemeinen Verkehrsschutz zur Vermeidung einer fortwährenden Gläubigergefährdung das Rechtschutzinteresse nicht aus.

In vorliegendem Fall hat der BGH dem Gläubiger auch nach Berücksichtigung des Vorbringens des Schuldners das Rechtschutzinteresse nicht abgesprochen, da der Gläubiger mit seinem Antrag nicht den ausschließlichen Zweck verfolgte, den Schuldner als Konkurrenten aus dem Wettbewerb zu entfernen.


Schwarzlohnzahlungen des Arbeitgebers

24.06.11 | Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 08.02.2011, AZ.: 1 StR 651/10 entschie-den, dass für eine Verurteilung des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuern weder eine Feststellung zu den individuellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Ar-beitnehmer, noch eine Qualifizierung der Höhe der von den Arbeitnehmern hinterzogenen Einkommenssteuer im Urteil erforderlich ist.

Im zu beurteilenden Fall trafen der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer eine Schwarzlohn-abrede, wonach für das gesamte den Arbeitnehmern gezahlte Gehalt weder Lohnsteuer noch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt werden sollten.

Für diesen Fall hat der Bundesgerichtshof nunmehr entschieden, dass es für Verurteilung des Arbeitgebers wegen Hinterziehung von Lohnsteuer keine Qualifizierung zu den indivi-duellen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer noch zu der Höhe der hin-terzogenen Lohnsteuern im Urteil erforderlich ist.

Die Höhe der durch die Arbeitnehmer verkürzten Einkommenssteuer ist somit bei der Verurteilung des Arbeitgebers weder für den Schuldspruch noch für den Strafausspruch relevant.

Somit wird die Strafverfolgung des Arbeitgebers bei Schwarzlohnabreden nachhaltig erleichtert.


Markeneintragung: Zahl „1000“ wird nicht als Gemeinschaftsmarke zugelassen

23.06.11 | Der europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass das ausschließlich aus Ziffern bestehende Zeichen „1000“ nicht als europäische Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann (EuGH vom 10.03.2011, AZ C-51/10 P).

Der Entscheidung lag eine europäische Markenanmeldung eines polnischen Herausgebers von Broschüren und Zeitschriften mit Rätseln und Spielen zugrunde. Das europäische Markenamt (HABM) wies die Anmeldung zurück. Es war der Ansicht, das Zeichen werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Herkunftsbezeichnung im Sinne des Markenrechts wahrgenommen.

Sowohl das Europäische Gericht (EuG) als auch der EuGH bestätigten diese Ansicht des HABM. Das Zeichen „1.000“ verweise auf eine Menge und es sei davon auszugehen, dass das angesprochene Publikum das Zeichen als Beschreibung der Merkmale dieser Ware, wie etwa der Menge der Seiten verstehen werde. Dem Zeichen fehle insofern die erforderliche Unterscheidungskraft.

Die Entscheidung des EuGH bedeutet allerdings nicht, dass ein ausschließlich aus Ziffern bestehendes Zeichen von vornherein nicht als Marke eintragungsfähig ist. So hat das HABM in anderen Fällen bereits eine Eintragung von reinen Zahlenzeichen ins Markenregister zugelassen. Es ist aber in jedem Einzelfall genau zu prüfen, ob das anzumeldende Zahlenzeichen tatsächlich die für einen Markenrechtsschutz erforderliche Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen aufweist.


Ebay: Negative Bewertungen können nicht im Eilverfahren gelöscht werden

23.06.11 | Ein eBay-Mitglied kann nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf nicht verlangen, dass eine gegen ihn gerichtete negative Bewertung im Eilverfahren gelöscht wird (Urteil vom 09.03.2011, AZ I-15 W 14/11).

Eine Käuferin hatte bei eBay einen Computermonitor ersteigert, dann jedoch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht und die Ware an die Verkäuferin zurückgesandt. Die Verkäuferin weigerte sich jedoch, den Kaufpreis zu erstatten. Sie meinte, die Käuferin habe den Monitor schlecht verpackt, so dass dieser beschädigt wurde.

Hierauf stellte die Käuferin bei eBay den folgenden Kommentar ein: „Finger weg!! Hat seine ware zurückerhalten, ich aber nie mein geld“. Die Verkäuferin reagierte mit der Antwort „Fahrlässigkeit beschädigtes LCD bitte alles lesen auf unserer mich Seite Anfang“.

Sie verlangte von der Käuferin die Löschung der negativen Käuferbewertung und erklärte, ihr seien wegen der schlechten Bewertung Umsatzeinbußen entstanden.

Das OLG Düsseldorf hat den Antrag der Verkäuferin auf Löschung der Bewertung zurückgewiesen und damit die Entscheidung des LG Düsseldorf bestätigt. Denn zum einen sei der Kommentar der Käuferin nicht ersichtlich unwahr und die Aufforderung „Finger weg!!“ stelle auch keine Schmähkritik dar. Und zum anderen habe die Verkäuferin über das eBay-Bewertungssystem ihre Sichtweise schildern können.


Zwangsvollstreckung in die Einkünfte Selbstständiger

14.06.11 | Die Zwangsvollstreckung in die Einkünfte Selbstständiger aufgrund einer vollstreckbaren titulierten Forderung ist grundsätzlich möglich und effektiv durchführbar. Als gängige Zwangsvollstreckungsmaßnahmen kommen die normalen Pfändungen durch den Gerichtsvollzieher, die Kontopfändung bzw. eine sog. Drittschuldnerpfändung in Betracht.

Allerdings besteht auch ein Vollstreckungsschutz im Hinblick auf selbstständig tätige Schuldner. Der Vollstreckungsschutz für laufende Einkünfte des Selbstständigen begründet sich aus § 850 Abs. 2 ZPO. Die sonstige Vergütung für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen wird wie Arbeitseinkommen behandelt und dem Pfändungsschutz des §§ 850 ff. ZPO unterstellt. Dabei wird nicht darauf abgestellt, welche Dienstleistungen erbracht werden. Wesentlich ist vielmehr, dass es sich um wiederkehrende zahlbare Vergütungen für die Tätigkeiten aus Dienstleistungen handelt, welche die Existenzgrundlage des Selbstständigen sichern. Aus der Qualifizierung entsprechender Vergütungen des Selbstständigen als Arbeitseinkommen unterliegen entsprechende Vergütungen dem Pfändungsschutz nach § 850 c ZPO. Die Vorschrift des § 850 c ZPO regelt die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen, wobei die Pfändungsfreigrenze für natürliche Personen ohne Unterhaltsverpflichtungen auf monatlich 1.028,89 € ab dem 01.07.2011 angehoben wird. Die bislang geltende Freigrenze beträgt 989,99 €.

Zusätzlich begründet die novellierte Regelung des § 850 Abs. 1 S. 1 ZPO einen Pfändungsschutz für Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen bilden. Mit dieser Regelung wird eine Lücke im Pfändungsschutz geschlossen, die bislang gerade auch Einkünfte Selbstständiger erfasste. Unter der Begrifflichkeit der sonstigen Einkünfte fallen im Wesentlichen Einnahmen aus der unternehmerischen Tätigkeit, die dem Unterhalt des Schuldners und seiner Angehörigen dienen. Im Rahmen des Pfändungsschutzes ist die Höhe der Einnahmen zu bestimmen. Dazu ist das möglicherweise aus mehreren Quellen stammende Einkommen auf eine angemessene Vergleichsgröße umzurechnen. Sodann ist anhand dieses Betrages die Höhe des unpfändbaren Einkommens anhand der Pfändungsschutzregeln für das Arbeitseinkommen zu bemessen. Dabei bilden die unpfändbaren Beträge gem. der Vorschrift des § 850 c ZPO bei gepfändeten Einkünften Selbstständiger lediglich die Untergrenze des Vollstreckungsschutzes. Denn der Pfändungsschutzbetrag des § 850 c ZPO leitet sich von dem Nettoeinkommen des abhängig Beschäftigten ab, so dass eine angemessene gesetzliche Altersvorsorge des Selbstständigen weiterhin in Abzug zu bringen ist. Entsprechende Beträge für eine angemessene Altersvorsorge sind auch bei der Pfändung der unter § 850 i ZPO fallender Vergütung in Abzug zu bringen. Für Pflichtbeiträge für berufsständische Versorgungswerke gilt dies ebenfalls. Weiterhin sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners und insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten zu beurteilen. Den Belangen des Gläubigers an einer Befriedigung seiner Forderung wird dadurch Rechnung getragen, dass der Pfändungsschutzantrag des selbstständigen Schuldners insoweit abzulehnen wäre, als überwiegende Belange des Gläubigers entgegenstehen (§ 850 i ZPO).

Bei gleichrangigen Gläubiger- und Schuldnerbelangen ist der Pfändungsschutz gegeben, weil gleichrangige Interessen des Gläubigers nicht genügen.

Abgerundet wird der Vollstreckungsschutz für den Selbstständigen durch die modifizierte Vorschrift des § 850 k ZPO. Nach der neu gefassten Vorschrift des § 850 k ZPO ist es im Rahmen des sog. Pfändungsschutzkontos unerheblich, um welche Art von Einkünften es sich handelt. Allerdings wird sich in der Praxis ein betrieblich genutztes Geschäftskonto nicht ohne weiteres in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln lassen.


Schuldnerpflichten während des Insolvenzverfahrens

14.06.11 | Das Insolvenzverfahren dient der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger. Daher tritt mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Stelle der Einzelzwangsvollstreckung die sog. Gesamtvollstreckung. Das Insolvenzverfahren erfasst das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Das vorbezeichnete Vermögen stellt die Insolvenzmasse im Sinne des § 35 InsO dar.

Während des Insolvenzverfahrens bestehen für den Schuldner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten im Sinne des § 97 InsO, die ggf. auch zwangsweise bis hin zur Zwangshaft durchgesetzt werden können. Der Schuldner ist dabei verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuss und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf die Auskunft, die der Schuldner gemäß seinen Verpflichtungen erteilt, in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen den Schuldner oder eines Angehörigen eines Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwand werden (§ 97 Abs. 1 InsO).

Zusätzlich hat der Schuldner den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder anlässlich eines Verbraucherinsolvenzverfahrens bei der Erfüllung dessen Aufgaben zu unterstützen (§ 97 Abs. 2 InsO).

Zusätzlich ist der Schuldner verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Zusätzlich hat er alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen (§ 97 Abs. 3 InsO).

Die insolvenzrechtlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten treffen auch die Organe von juristischen Personen.

Während der Wohlverhaltensperiode bzw. des Restschuldbefreiungsverfahrens anlässlich des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer natürlichen Person treten an Stelle der insolvenzrechtlichen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten die sog. Obliegenheiten. Die Obliegenheiten des Schuldners sind abschließend in § 295 InsO geregelt.

So ist der Schuldner verpflichtet während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben. Wenn er keiner Beschäftigung nachgeht, ist er verpflichtet, sich um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen. Für den erwerbslosen Schuldner ist es daher sinnvoll seine Bemühungen um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu dokumentieren.

Der Schuldner ist weiter verpflichtet die Hälfte einer Erbschaft oder eines Vermögens, dass er von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, an den Treuhänder herauszugeben.

Der Schuldner hat jeden Wechsel des Wohnsitzes oder der Beschäftigungsstelle unverzüglich dem Insolvenzgericht und dem gerichtlich bestellten Treuhänder anzuzeigen. Ferner ist der Schuldner gehalten, dem Treuhänder auf Verlangen Auskunft über seine Erwerbstätigkeit und seine Bemühungen um eine solche sowie über seine Bezüge und seine Vermögen zu erteilen. Letztlich ist der Schuldner gehalten, Zahlungen zur Befriedigung der Insolvenzgläubiger nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen. Andernfalls würde dem Zweck der Gesamtvollstreckung zu wider gehandelt.

Verletzt der Schuldner seine Obliegenheiten und wird dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt, so versagt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers gem. § 296 Abs. 1 InsO.

Mit Versagung der Restschuldbefreiung anlässlich der Wohlverhaltensperiode tritt für den Schuldner eine zehnjährige Sperrfrist im Hinblick auf die Führung eines neuen Insolvenzverfahrens mit dem Ziel der Erlangung der Restschuldbefreiung ein.


Versagung der Restschuldbefreiung bei Verstoß gegen Auskunftspflicht

14.06.11 | Gemäß § 296 Abs. 1 InsO versagt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung eine seiner Obliegenheiten im Sinne des § 295 Abs. 1 InsO verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigt. Auf der Ebene der Insolvenzgerichte gibt es jedoch unterschiedliche Verfahrensweisen hinsichtlich der Versagung der Restschuldbefreiung, sofern der Schuldner einem gerichtlichen Auskunftsverlangen nicht nachkommt.

Unter Hinweis auf die Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (BGH Beschluss vom 14.05.2009, AZ IX ZB 116/08, NJW 2009, 3364) hat das Amtsgericht Köln mit Beschluss vom 02.03.2011, AZ 74 IK 709, entschieden, dass das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung von Amts wegen nach § 296 Abs. 2 S. 3 InsO nur versagen kann, wenn der Schuldner im Rahmen des Versagungsverfahrens dem ihm obliegenden Auskunftspflichten nicht nachgekommen ist. Die Einleitung eines entsprechenden Versagungsverfahrens von Amts wegen allein auf der Grundlage des Berichts des Treuhänders scheidet nach Auffassung des Amtsgerichts Köln aus. Erforderlich hierfür ist ein auf die Versagung der Restschuldbefreiung gerichteter Gläubigerantrag.

Das Amtsgericht Köln hat sich mit dieser Entscheidung insbesondere in Widerspruch zur Rechtsprechung des Amtsgerichts Hamburg gesetzt, dass eine Versagung der Restschuldbefreiung von Amts wegen auch ohne entsprechenden Versagungsantrag des Gläubigers für zulässig hält.