Dezember 2012

Unzulässigkeit der eidesstattlichen Versicherung im laufenden Insolvenzverfahren

05.12.12 | Der Bundesgerichtshof hat mit Entscheidung vom 24.05.2012, Aktenzeichen IX ZB 275/12, die Frage zu entscheiden, ob das eröffnete Insolvenzverfahren der Verpflichtung des Schuldners, eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, entgegensteht. Diese Frage war bislang in der Rechtsprechung und Literatur umstritten. Dabei zog die wohl überwiegende Meinung die Vorschrift des § 89 InsO heran und unterwarf auch den Antrag auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung damit dem Vorstellungsverbot des § 89 InsO. Der Bundesgerichtshof schloss sich in der vorstehend bezeichneten Entscheidung dieser Meinung an und bestätigte die Unzulässigkeit der eidesstattlichen Versicherung im laufenden Insolvenzverfahren. Aus Sicht des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei der Pflicht zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nicht nur um eine vorbereitende Maßnahme, sondern um ein Hilfsmittel im Zuge der Zwangsvollstreckung selbst. Wegen des innerhalb des Insolvenzverfahrens bestehenden Vollstreckungsverbotes des § 89 InsO unterliegt diesem Vollstreckungsverbot auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, weshalb diese im laufenden Insolvenzverfahren unzulässig ist.


Interesse von Sozialversicherungsträgern an der Insolvenzeröffnung

05.12.12 | Gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO ist ein Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig, wenn der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat und seine Forderung und den Eröffnungsgrund glaubhaft macht. Mit Wirkung zum 01.01.2011 wurden der Vorschrift des § 14 Abs. 1 die Sätze 2 und 3 angefügt, wobei § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO wie folgt lautet: „War in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt worden, so wird der Antrag nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.“

Die vorgenannte Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO hat in der Praxis besondere Bedeutung gewonnen, da oftmals Insolvenzanträge durch Sozialversicherungsträger nach Erfüllung der Forderung in der Hauptsache nicht für erledigt erklärt werden, sofern in den letzten zwei Jahren bereits ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den betroffenen Schuldner anhängig war. Hierzu hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 12.07.2012 festgestellt, dass ein antragstellender Sozialversicherungsträger, dessen Forderung nach Stellung eines Insolvenzantrages erfüllt wird, kein rechtliches Interesse an der Weiterverfolgung des Antrages hat, wenn das Entstehen weiterer Forderungen nicht zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschluss vom 12.07.2012, AZ. IX ZB 18/12).

Der Bundesgerichtshof hat hierzu festgestellt, dass auch im Anwendungsbereich des § 14 Abs. 1 Satz 2 das Tatbestandsmerkmal des rechtlichen Interesses nicht entfällt. Dies folgt aus Sicht des Bundesgerichtshofs bereits aus der Formulierung, der Antrag werde nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt werde. Allerdings sind in diesem Fall strenge Anforderungen an das Rechtschutzinteresse und die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes zu stellen. Ein solches rechtliches Interesse wird regelmäßig nur bei Anträgen von Finanzbehörden und Sozialversicherungsträgern gegeben sein, da diese in ihrer Position als öffentliche Gläubiger zukünftig weitere Forderungen gegen den Schuldner erwerben und deren Entstehen auch nicht verhindern können. Sind demgegenüber neue Verbindlichkeiten gegen den Schuldner aus der Sozialversicherungspflicht nicht zu erwarten, fehlt das Rechtschutzinteresse des Sozialversicherungsträgers an der Aufrechterhaltung des Insolvenzantrages nach vollständiger Befriedigung. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist zu begrüßen, da nicht einzusehen ist, warum ein Sozi-alversicherungsträger im Rahmen der Vorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 InsO zur Weiter-verfolgung eines von ihm gestellten Insolvenzantrages berechtigt sein soll, wenn diesem kein Schaden entstehen kann.


[:en]25.10.17 | Selbst wenn eine Zeitung in ihrem Bericht über ein falsches Gerücht, darauf hinweist, dass es sich um ein Gerücht handelt, kann dies eine erhebliche Geldentschädigung begründen (OLG Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 7 U 32/15).

Ein Verlag berichtete in einem Artikel über ein in Deutschland sehr bekanntes Ehepaar (Corinna und Michael Schumacher). Auf dem Titelblatt war die folgende Schlagzeile abgedruckt: „Wie gemein! … Sie standen vor der Trennung! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt? Es geht um die Zeit vor dem Unfall…“ Ursprünglich veröffentlichte ein Nutzer entsprechende Gerüchte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil.

Der Artikel im Innenteil der auflagenstarken Zeitung befasste sich dann mit den Gerüchten über die Trennungsabsichten des berühmten Ehepaars.

Nach Ansicht des OLG Hamburg steht den Betroffenen eine Geldentschädigung in Höhe von 30.000 € zu, da die Verbreitung des unwahren Gerüchts das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletze und rechtswidrig in die Privatsphäre des Ehepaars eingreife. Der Verlag habe keine Recherche dargelegt, auf welchen Erkenntnissen der vorhergehende Facebook-Post beruhe.

Die Verbreitung des Gerüchts wurde in dem Artikel zwar als „gemein“, „fies“ und „widerlich“ bezeichnet, dennoch seien diese Stellungnahmen nichtssagend und gäben keine Auskunft darüber, ob die Gerüchte wahr seien oder nicht.

Das Gericht nahm daher an, dass die Zeitung die Gerüchte ungeprüft einfach übernommen und sich nicht ausreichend davon distanziert habe, so dass ein hoher Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sei.


Auskunftsanspruch gegenüber dem Insolvenzverwalter

05.12.12 | Eine allgemeine Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters ist in der Insolvenzordnung nicht vorgesehen. Die in § 58 Abs. 1 Satz 2 InsO geregelte Pflicht, Auskünfte zu erteilen oder einen Sachstandsbericht zu geben, bezieht sich nach dem klaren Wortlaut der gesetzlichen Vorschrift nur direkt gegenüber dem Insolvenzgericht. Damit ist der Insolvenz-verwalter Dritten gegenüber grundsätzlich nicht zur Auskunft verpflichtet.

Gegenüber dem Insolvenzgläubigern ist der Insolvenzverwalter nur zur Auskunft im Rahmen der Gläubigerversammlungen gemäß den Vorschriften §§ 79, 156 Abs. 1 InsO verpflichte. Eine weitergehende Berichtspflicht trifft den Insolvenzverwalter nur, wenn die Gläubigerversammlung kürzere Berichtstermine festgelegt hat. Daher müssen Anfragen eines Gläubigers zwischen den Versammlungen vom Insolvenzverwalter grundsätzlich nicht beantwortet werden.

Darüber hinaus besteht keine Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner. Der Insolvenzschuldner ist von der Abwicklung des Insolvenzverfah-rens ausgeschlossen. Deshalb sieht die Insolvenzordnung dem Schuldner gegenüber auch keine Auskunftspflicht im eigentlichen Sinne vor. Die Insolvenzordnung enthält nur an einigen wenigen Stellen Unterrichtungspflichten des Insolvenzverwalters gegenüber dem Insolvenzschuldner.

Auch besteht keine gesetzlich geregelte Auskunftspflicht des Insolvenzverwalter gegenüber Aussonderungsberechtigten. Der Aussonderungsberechtigte ist derjenige, dessen Gegenstand aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts nicht zur Insolvenzmas-se gehört (§ 47 InsO). Dieser ist jedoch im besonderen Maße auf Auskünfte des Insolvenzverwalters angewiesen, weil er nicht zum Betreten der Räume des Schuldners befugt ist, um z. B sein Eigentum zu besichtigen. Deshalb muss der Insolvenzverwalter eben Auskunft über den Verbleib, Zustand oder eine etwaige Verarbeitung oder Belastung des Aussonderungsgutes erteilen. Allerdings ist die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruches umstritten. Überwiegend wird die Auskunftspflicht aus § 242 BGB hergeleitet. Der Umstand des Anspruches richtet sich danach, was dem Insolvenzverwalter zumutbar ist.

Die Auskunftspflicht des Insolventverwalter gegenüber Absonderungsberechtigten ergibt sich explizit aus der Vorschrift des § 167 InsO. Absonderungsberechtigte sind Personen, die aufgrund eines Sicherungsrechts bevorzugt zu befriedigen sind (§§ 49 ff InsO). Die Auskunftspflicht des Insolvenzverwalters gem. § 167 InsO ergibt sich daraus, dass der Insolvenzverwalter bei beweglichen Gegenständen, die einem Absonderungsrecht unter-liegen, alleinverwertungsberechtigt ist (§ 166 InsO) und damit weitergehenden Pflichten unterliegen muss, als bei der Bearbeitung von Aussonderungsrechten. Nach § 167 Abs. 1 InsO steht dem Aussonderungsberechtigten ein Anspruch auf Auskunft über den Zustand der Sache zu. Geht es demgegenüber um die Einziehung einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung, hat der Insolvenzverwalter über die Forderung Auskunft zu erteilen (§ 167 Abs. 2 InsO). Die Auskunftspflicht bezieht sich auf Höhe, Fälligkeit oder die Bonität des Schuldners. Erforderlich ist in beiden Fällen, dass der Gläubiger sein Absonderungsrecht genau bezeichnet. Statt der Auskunftserteilung kann der Insolvenzverwalter dem Gläubiger auch gestatten, die Sache zu besichtigen oder bei Forderungen Einsicht in die Bücher und die Geschäftspapiere des Schuldners zu nehmen. Das Informationsrecht gegenüber dem Insolvenzverwalter nach § 167 InsO wird ebenfalls durch die Zumutbarkeit begrenzt.


Mitwirkungspflicht des Gläubigers bei der Verwertung

05.12.12 | Das Oberlandesgericht Stuttgart hat mit Urteil vom 26.06.2012 entschieden, dass der Insolvenzverwalter, der ein an einen Gläubiger sicherungsübereignetes Fahrzeug verwerten will, von diesem die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) verlangen kann, wenn die Verwertung andernfalls erschwert wäre.

Aus Sicht des Oberlandesgerichts Stuttgart hat der Insolvenzverwalter gem. §§ 166 ff InsO, § 241 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Herausgabe der Zulassungsbe-scheinigung Teil II des sicherungsübereigneten Fahrzeugs. Gemäß § 166 Abs. 1 InsO wird das Verwertungsrecht an mit Absonderungsrechten belasteten beweglichen Gegens-tänden dem Insolvenzverwalter zwingend zugewiesen, wenn er die Sache in seinem Besitz hat. Hierdurch entsteht ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen dem Insolvenz-verwalter und dem absonderungsberechtigten Gläubiger. Der Insolvenzverwalter ist somit zur Verwertung des sicherungsübereigneten Fahrzeugs berechtigt, wenn sich dieses in seinem Besitz befindet. Hieran ändert sich auch nichts, sofern sich die Zulassungsbescheinigung Teil II bei dem Sicherungsgläubiger befindet. An der Zulassungsbescheinigung Teil II kann gem. § 952 BGB kein eigenständiges Eigentums- oder Absonderungs-recht erwirkt werden. Demzufolge hat das Oberlandesgericht Stuttgart vorgerichtlich ent-schieden, dass aufgrund des bestehenden gesetzlichen Schuldverhältnisses der Siche-rungsgläubiger zur Herausgabe der Zulassungsbescheinigung verpflichtet ist. Das Gesetz begründet für den absonderungsberechtigten Gläubiger zwar keine ausdrückliche Pflicht zur Mitwirkung, allerdings ergibt sich eine solche nach Ansicht des OLG Stuttgart aus den Vorschriften § 166 ff InsO, §§ 241 Abs. 2, 242 BGB. Der Gläubiger hat die Verwertung durch den Insolvenzverwalter danach nicht nur zu dulden, sondern er ist verpflichtet, die Verwertung nicht zu verhindern oder auf andere Art und Weise zu erschweren und – so-weit erforderlich – daran mitzuwirken. Sinn und Zweck der Übertragung des Verwertungs-rechts an den Insolvenzverwalter ist die Gewährleistung einer effizienten Durchführung des Insolvenzverfahrens im Interesse sämtlicher Beteiligten. § 166 InsO wird daher als Schutzgesetz zu Gunsten der Gläubigergesamtheit verstanden, dessen Verletzung Scha-densersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB zur Folge haben kann. Macht der Insolvenzverwalter somit von seinem Verwertungsrecht Gebrauch, so darf er dieses ohne Einschränkungen tun.