Juni 2014

Rücknahme des Antrags auf Restschuldbefreiung

19.06.14 | Nimmt der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode den Restschuldbefreiungsantrag zurück, nachdem er neue Schulden begründet hat, ist ein am nächsten Tag zur Durchführung eines neuen Insolvenzverfahrens gestellter Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig. Dies hat der BGH mit Beschluss vom 20.03.2014 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen IX ZB 17/13 entschieden.

Der Entscheidung des BGH liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Dem Schuldner wurde mit Beschluss vom 25.07.2006 Restschuldbefreiung angekündigt. Am 07.09.2010 nahm der Schuldner den Restschuldbefreiungsantrag zurück. Am 08.09.2010 beantragte er erneut die Verfahrenseröffnung über sein Vermögen sowie Restschuldbefreiung. Er hatte Verbindlichkeiten von etwa 7,6 Millionen Euro, wovon 6,75 Millionen Euro aus der Zeit vor Eröffnung des ersten Verfahrens stammten. Das Verfahren wurde am 13.10.2010 eröffnet. Mit Beschluss vom 12.11.2012 hat das Insolvenzgericht den Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hatte vor dem Bundesgerichtshof keinen Erfolg.

Hierzu hat der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung angeführt: Mit der Verfahrenseröffnung hat das Gericht keine Rechtskraft fähige Entscheidung über die Zulässigkeit des Antrages auf Restschuldbefreiung getroffen. Über die Zulässigkeit dieses Antrags hat das Insolvenzgericht von Amts wegen zu befinden. Nimmt der Schuldner seinen Restschuldbefreiungsantrag zurück, ist nach derzeitiger Rechtslage ein neuer Antrag erst nach Ablauf einer Sperrfrist von drei Jahren zulässig (vgl. dazu BGH, NZI 2011, 544). Es steht nicht im Belieben des Schuldners, neue Verfahren einzuleiten, um die an zeitliche Fristen geknüpften Versagungstatbestände des § 290 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 InsO zu umgehen und durch eine Anpassung der tatsächlichen Grundlagen nachträglich eine Befreiung zu erreichen. Die dreijährige Sperrfrist beginnt in einem solchen Fall mit der Rücknahme des Antrages auf Restschuldbefreiung. Dass die Rücknahme des ersten Restschuldbefreiungsantrages nicht zwecks Vermeidung einer Entscheidung über einen Versagungsantrag erfolgt ist, ändert daran nichts. Das Verhalten des Schuldners steht im klaren Widerspruch zum Anliegen des § 290 Abs. 1 Nr. 3 InsO, nach welchem die Restschuldbefreiung zu versagen ist, wenn dem Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Restschuldbefreiung erteilt oder nach § 297 InsO versagt worden ist. Der Zweck dieses Versagungsgrundes liegt darin, einen Missbrauch des Insolvenzverfahrens als Mittel zur wiederholten Reduzierung der Schuldenlast zu verhindern. Die Restschuldbefreiung soll als Hilfe für unverschuldet in Not geratene Personen dienen, nicht als Zuflucht für diejenigen, die bewusst finanzielle Risiken auf andere abwälzen wollen (vgl. BT-Drs. 12/2443, S. 190).

Aufgrund der bevorstehenden Gesetzesänderung mag der Fall zukünftig anders zu entscheiden sein. § 287a InsO in der Fassung des am 01.07.2014 in Kraft tretenden Gesetzes zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte (BGBl. I 2013, 2379) regelt ausdrücklich mehrere Fälle, in denen ein erneuter Antrag auf Restschuldbefreiung unzulässig ist. Der Fall der Antragsrücknahme ist nicht erfasst. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs sollen die in § 287a InsO zusammengefassten Regelungen abschließend sein. Eine „Vorwirkung“ dieser Regelung hat der BGH indes eine Absage erteilt.

BGH, Beschluss vom 20.03.2014, IX ZB 17/13


Haftung des Verkäufers einer Sache für die Kosten eines vom Käufer beauftragten Gutachten zur Klärund der Verantwortlichkeit für einen Sachmangel

18.06.14 | Der BGH hatte in aller Kürze folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der Käufer eines Produktes erhob eine Mängelrüge gegenüber dem Verkäufer und machte zunächst den Anspruch auf Nachbesserung geltend. Der Verkäufer lehnte dieses Ansinnen ab. Daraufhin beauftragte der Käufer einen Privatsachverständigen mit der Begutachtung der Mangelerscheinungen bzw. Zuordnung der Verantwortlichkeit hierfür. Der Privatgutachter kam zu dem Ergebnis, dass – zutreffend – der Mangel in den Verantwortungsbereich des Verkäufers fällt. Aufgrund dessen verlangte der Käufer von dem Käufer die Minderung des Kaufpreises und vor allen Dingen die Kosten des von ihm beauftragten Gutachters.

Der BGH bejahte in seiner Entscheidung vom 30.04.2014 die Verpflichtung zur Übernahme von Sachverständigenkosten, welche einem Käufer entstehen, um die Ursache einer Mangelerscheinung des Kaufgegenstandes aufzufinden und auf diese Weise die Verantwortlichkeit für den Mangel zu klären.

Der Gesetzgeber hat in § 439 Abs. 2 BGB bestimmt, dass der Verkäufer „die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Kosten, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat“.

Ob und unter welchen Voraussetzungen darunter allerdings auch die Kosten fallen, welche der Käufer durch Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens zur Feststellung des Vorliegens eines Mangels aufwendet, hatte der BGH bislang noch nicht entschieden.

Nunmehr hat er den Anwendungsbereich der vorgenannten Regelung dahingehend erweitert, dass es der gesetzliche Wortlaut „ohne weiteres zulässt, darunter auch die zur Klärung der Mangelursache erforderlichen Sachverständigenkosten zu fassen.“

Die herausragende Bedeutung der Entscheidung liegt speziell in dem Umstand begründet, dass der Anspruch aus dem § 439 Abs. 2 BGB verschuldensunabhängig ist. Dies bedeutet, dass der Verkäufer die Kosten in jedem Fall zu tragen hat, sofern der Gutachter feststellt, dass der zu begutachtende Mangel dem Verkäufer zuzuordnen ist und der Verkäufer eine Einstandspflicht zuvor abgelehnt hat.

Damit hat der BGH eine richtungsweisende Entscheidung getroffen, die es dem Käufer ermöglicht, schneller und kostenneutral einen Gutachter einzuschalten, sofern sich die Zuordnung eines festgestellten Mangels zu Lasten des Verkäufers aufdrängt.

Gerade im Bereich Einkauf ist diese Entscheidung bei auftretenden Mängeln von Lieferprodukten jeglicher Art zu berücksichtigen und ggfs. umzusetzen.


[:en]25.10.17 | Selbst wenn eine Zeitung in ihrem Bericht über ein falsches Gerücht, darauf hinweist, dass es sich um ein Gerücht handelt, kann dies eine erhebliche Geldentschädigung begründen (OLG Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 7 U 32/15).

Ein Verlag berichtete in einem Artikel über ein in Deutschland sehr bekanntes Ehepaar (Corinna und Michael Schumacher). Auf dem Titelblatt war die folgende Schlagzeile abgedruckt: „Wie gemein! … Sie standen vor der Trennung! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt? Es geht um die Zeit vor dem Unfall…“ Ursprünglich veröffentlichte ein Nutzer entsprechende Gerüchte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil.

Der Artikel im Innenteil der auflagenstarken Zeitung befasste sich dann mit den Gerüchten über die Trennungsabsichten des berühmten Ehepaars.

Nach Ansicht des OLG Hamburg steht den Betroffenen eine Geldentschädigung in Höhe von 30.000 € zu, da die Verbreitung des unwahren Gerüchts das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletze und rechtswidrig in die Privatsphäre des Ehepaars eingreife. Der Verlag habe keine Recherche dargelegt, auf welchen Erkenntnissen der vorhergehende Facebook-Post beruhe.

Die Verbreitung des Gerüchts wurde in dem Artikel zwar als „gemein“, „fies“ und „widerlich“ bezeichnet, dennoch seien diese Stellungnahmen nichtssagend und gäben keine Auskunft darüber, ob die Gerüchte wahr seien oder nicht.

Das Gericht nahm daher an, dass die Zeitung die Gerüchte ungeprüft einfach übernommen und sich nicht ausreichend davon distanziert habe, so dass ein hoher Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sei.