Februar 2015

Zulässigkeit des Werbeslogans „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“

24.02.15 | Der Werbeslogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“ ist nicht irreführend und auch keine unzulässige gesundheitsbezogene Angabe gemäß der Health-Claims-Verordnung. Dies hat der Bundegerichtshof (BGH) mit Entscheidung vom 12.02.2015 erklärt (AZ I ZR 36/11).

Die Beklagte ist Herstellerin von Milcherzeugnissen. Sie vertreibt einen Früchtequark unter der Bezeichnung „Monsterbacke“. Auf der Verpackung ihres Produkts verwendet sie den Werbeslogan „So wichtig wie das tägliche Glas Milch!“. Hiergegen wendet sich die Klägerin, die der Auffassung ist, dass die Verwendung dieses Slogans ein Verstoß gegen die europäische Health-Claims-Verordnung (Verordnung EG 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel) sei. Sie hält den Slogan auch für irreführend. Die Klägerin nahm die Beklagte daher auf Unterlassung in Anspruch.

Das Landgericht (LG) Stuttgart hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.05.2010, AZ 34 O 19/10 KfH). Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hingegen hielt den Slogan für irreführend, weil die angesprochenen Kunden nicht damit rechnen, dass der beworbene Früchtequark deutlich mehr Zucker enthalte als Milch (Urteil vom 03.02.2011, AZ 2 U 61/10).

Der BGH hat sich jedoch der Ansicht des LG angeschlossen, da es sich bei Früchtequark erkennbar um ein Produkt handelt, das eine deutlich andere Zusammensetzung als Milch hat. Die angesprochenen Kunden werden daher nicht in die Irre geführt. Wie der BGH ausführte, bezieht sich der Slogan nicht auf den Zuckeranteil, der bei einem Früchtequark schon aufgrund des Fruchtzuckers naturgemäß höher ist als bei Milch.

Zudem verstehen die Kunden den Slogan nach Ansicht des BGH auch nicht als eine nährwertbezogene Angabe im Sinne der Health-Claims-Verordnung (Art. 2 Abs. 2 Nr. 4). Nach Ansicht des BGH knüpft der beanstandete Slogan an die gängige Meinung an, Kinder und Jugendliche sollten wegen der gesundheitsfördernden Wirkung täglich ein Glas Milch trinken.

Die Berufungsinstanz wurde wiedereröffnet. Das OLG muss nun noch feststellen, inwieweit die Beklagte die in Art. 10 Abs. 2 der Health-Claims-Verordnung vorgesehenen Hinweise (z.B. auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung) hätte erteilen müssen.


Versagung der Zulassung eines Kraftfahrzeugs

03.02.15 | Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat mit Gerichtsbescheid vom 22.07.2014 zu dem gerichtlichen Aktenzeichen 6 K 5691/13 entschieden, dass die Versagung einer Zulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr wegen Insolvenzforderungen weder eine Maßnahme der Geltendmachung der Forderung noch eine nach § 89 I InsO bzw. § 294 I InsO unzulässige Form der Zwangsvollstreckung darstellt.

Der Kläger war Halter eines Kraftfahrzeugs. Wegen fehlenden Versicherungsschutzes untersagte der Beklagte dem Kläger jede weitere Nutzung des Fahrzeugs. Da der Kläger dieser Verfügung nicht nachkam, erfolgte eine zwangsweise Außerbetriebsetzung. Hieraus resultierten rückständige Gebühren und Auslagen in Höhe von 161,45 €.

Nachdem auf Antrag des Klägers das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden war, meldete der Beklagte seine Forderung zur Insolvenztabelle an. Die Forderung des Beklagten wurde zur Insolvenztabelle festgestellt und das Insolvenzverfahren gemäß § 200 InsO aufgehoben. Dem Schuldner wurde die Restschuldbefreiung angekündigt. Dieser befindet sich seither in der Wohlverhaltensperiode.

Mit Bescheid vom 20.06.2013 lehnte der Beklagte einen Antrag des Klägers auf Zulassung eines Kraftfahrzeugs mit der Begründung ab, dass einer Neuzulassung § 1 I des Gesetzes zur Entbürokratisierung der Beitreibung von Gebühren- und Auslagenrückständen bei der Zulassung von Fahrzeugen (BEG NRW) entgegenstehe. Eine Zulassung eines Fahrzeugs sei danach zwingend zu versagen, wenn der Fahrzeughalter rückständige Gebühren oder Auslagen aus vorangegangenen Zahlungsvorgängen schuldet. Der Kläger könne die noch ausstehende Forderung mit Mitteln aus seinem pfändungsfreien Vermögen begleichen. Die Regelung des § 295 I Nr. 4 InsO stünde dem nicht entgegen, da eine Benachteiligung von Gläubigern dabei ausgeschlossen sei. Die hiergegen gerichtete Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht keinen Erfolg.

Die der Behörde eingeräumte Möglichkeit, außerhalb des Zwangsvollstreckungsverfahrens den Schuldner zur Begleichung seiner offenen Rechnung im Zulassungsbereich zu veranlassen, steht nicht im Widerspruch zur bundesrechtlichen Regelung der Insolvenzordnung.

Gemäß § 87 InsO können Insolvenzgläubiger während eines laufenden Insolvenzverfahrens ihre Forderung nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Zudem ist eine Zwangsvollstreckung für einzelne Insolvenzgläubiger gemäß § 89 I InsO weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig. Befindet sich der Schuldner im Restschuldbefreiungsverfahren ist den Insolvenzgläubigern nach § 294 I InsO untersagt, in das Vermögen des Schuldners zu vollstrecken. Der Schuldner ist gemäß § 295 I Nr. 4 InsO gehalten, Zahlungen zur Befriedigung von Insolvenzgläubigern nur an den Treuhänder zu leisten und keinem Insolvenzgläubiger einen Sondervorteil zu verschaffen. Verletzt der Schuldner diese Obliegenheit und beeinträchtigt dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger, kann diesem auf Antrag eines Insolvenzgläubigers die Restschuldbefreiung versagt werden.

Wurden Gebühren und Auslagen aus Zulassungsvorgängen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet, handelt es sich um Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO. Die Zulassungsbehörde ist damit in der Verfolgung ihrer noch rückständigen Forderungen nach den Vorschriften der Insolvenzordnung grundsätzlich beschränkt. Die Versagung der Zulassung eines Fahrzeugs zum Verkehr wegen Insolvenzforderungen -wie im vorliegenden Fall auf der Grundlage des § 1 BEG NRW- stellt aber nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf weder eine Maßnahme der Geltendmachung noch eine nach § 89 I InsO bzw. § 294 I InsO unzulässige Form der Zwangsvollstreckung dar. Indem die Behörde die Zulassung eines Kraftfahrzeugs auf den Gebührenschuldner davon abhängig macht, dass dieser zuvor seine Rückstände begleicht, wird zwar bewusst Druck auf diesen ausgeübt. Ein solches Vorgehen wird von der Insolvenzordnung aber nicht verboten. Ein Schuldner kann nicht erwarten, dass der Insolvenzgläubiger mit ihm ein weiteres Schuldverhältnis begründet, bevor nicht noch offene Forderungen beglichen worden sind. Insofern unterscheidet sich das Verhältnis zwischen dem Gebührenschuldner und der Zulassungsbehörde nicht von anderen Gegenseitigkeitsverhältnissen. Eine einschränkende Auslegung kommt allenfalls dann in Betracht, wenn der Antragssteller auf die Zulassung des Fahrzeugs, etwa aus beruflichen Gründen, zwingend angewiesen ist und ihm die Begleichung der rückständigen Gebühren unter Berücksichtigung eines berechtigten Interesses am Erhalt seines pfändungs- und insolvenzfreien Vermögens nicht zuzumuten ist.

Es entspricht auch in Niedersachsen der gängigen Praxis der Verwaltungsbehörden, auch bei sich in einem förmlichen Insolvenzverfahren befindlichen Personen die Begleichung der Rückstände vor Neuzulassung eines Fahrzeugs zu verlangen. Dass dies nicht zu beanstanden ist, wenn der Betrag aus dem pfändungsfreien Vermögen geleistet wird, hat der BGH bereits entschieden (NZI 2010, 223).

Gleichwohl wird mit der zustimmenden gerichtlichen Entscheidung zu dem Verwaltungshandeln der öffentlichen Hand die Möglichkeit eingeräumt, sich im Unterschied zu den übrigen Insolvenzgläubigern Sondervorteile zu verschaffen. So kommt der Zulassungsbehörde eine Monopolstellung zu, da der Schuldner für die Inbetriebnahme seines Fahrzeugs zwingend auf sie angewiesen ist.