November 2016

Bier darf nicht mit dem Begriff „bekömmlich“ beworben werden

30.11.16 | Bierspezialitäten dürfen in der Werbung nicht als „bekömmlich“ beschrieben werden, entschied das Oberlandesgericht Stuttgart am 3. November 2016 (2 U 37/16).

Ein Wettbewerbsverband klagte gegen eine Brauerei, die ihre Biersorten teilweise mit dem Begriff „bekömmlich“ bewarb. Nach Ansicht des Verbands verstoße diese Bezeichnung gegen Wettbewerbsrecht, insbesondere gegen die europäische „Health-Claims-Verordnung“. Diese Verordnung enthält unter anderem die Vorschrift, dass Getränke mit einem Alkoholgehalt über 1,2 Volumenprozent nicht mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben werden dürfen. Die beklagte Brauerei nahm dagegen an, dass der Begriff keine gesundheitsbezogene Angabe sei, sondern für den Geschmack und den Genuss des beworbenen Biers stehe.

Schließlich gelangte die Streitigkeit vor das Oberlandesgericht Stuttgart, welches das Brauereiunternehmen dazu verurteilte, es zu unterlassen, sein Bier zu Werbezwecken weiterhin als „bekömmlich“ zu bezeichnen.

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die europäische „Health-Claims-Verordnung“ sowie auf ein ähnliches Urteil des europäischen Gerichtshofs, in dem es um Werbung für Wein ging. Nach Ansicht des Gerichts dürfen Angaben zu alkoholischen Getränken mit über 1,2 Volumenprozent keine Mehrdeutigkeiten zulassen. Der EuGH habe einen Gesundheitsbezug bejaht, wenn der Eindruck erweckt werde, dass gesundheitliche Auswirkungen, die normalerweise mit dem Konsum von Alkohol verbunden seien, geringer ausfallen würden.

Die gängige Bedeutung von „bekömmlich“ sei gleichzusetzen mit den Begriffen „zuträglich“, „leicht verdaulich“ oder gesund, wobei sich insbesondere die Beschreibung „zuträglich“ nicht nur auf das allgemeine Wohlbefinden beziehe, sondern so zu verstehen sei, dass das beworbene Bier dem Konsumenten auf lange Sicht nicht schade.

Auch der Werbespruch der Beklagten „Wohl bekomm´s“ schränke den Aussagegehalt des Begriffs „bekömmlich“ nicht ein, da es sich dabei um einen Wunsch handele, und „bekömmlich“ ein Versprechen sei. Das Gericht wies allerdings auch darauf hin, dass es eine Ausnahme von dem Verbot gesundheitsbezogene Angaben gebe, sofern die Bezeichnung „traditionell zur Angabe einer Eigenschaft verwendet werde und auf Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hindeuten könnten“. Eine solche Befreiung sei aber noch nicht erteilt worden.


BGH zur Verletzung von Namensrechten durch gleichlautende Domainnamen mit ausländischen Top-Level-Domains

14.11.16 | Für die Durchsetzung von Ansprüchen von Namensträgern gegen namentlich gleichlautende Domainnamen mit ausländischen Top-Level-Domains, wie z.B. „www.___.es“ (für Spanien) oder „www.___.us“ (für USA) muss eine Beeinträchtigung der konkreten schutzwürdigen Interessen des Namensträgers an dem Gebrauch seines Namens unter der fremden länderspezifischen Top-Level-Domain festgestellt werden (BGH mit Urteil vom 28. April 2016, Az.: I ZR 82/14).

Die Klägerin bietet ihre Dienstleistungen auf den Internetseiten „profitbricks.com“ und „profitbricks.de“ an. Der Beklagte ist Inhaber der Domainnamen „profitbricks.es“, „profitbricks.org“, „profitbricks.us“, „profitbrick.com“ sowie „profitbrick.de“, wobei auf keiner der Seiten Inhalte angeboten werden. Die beiden Domainnamen mit den Endungen „.es“ und „.org“ bietet der Beklagte zum Kauf an. Die Klägerin richtete sich vorrangig aus markenrechtlichen Ansprüchen gegen den Beklagten, da sie der Auffassung war, dass er die Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen eintragen ließ.

Der Beklagte hatte schließlich mit seiner Revision vor dem BGH Erfolg, so dass sämtliche von der Klägerin angegriffenen Domains bestehen bleiben konnten. Dies hat unterschiedliche Gründe:

Nach Auffassung des BGH habe die Klägerin nicht ausreichend dargelegt und nachgewiesen, dass sie ein schutzwürdiges Interesse an der Löschung der streitgegenständlichen ausländischen Domains mit den Endungen „.es“ und „.us“ habe. Der pauschale Vortrag zur unternehmerischen Ausdehnung und Ausrichtung in den USA und Spanien reiche dafür nicht aus. Diesbezüglich sei ein ausführlicherer Sachvortrag der Klägerin erforderlich gewesen.

Des Weiteren stelle die bloße Registrierung des Domainnamens „profitbrick.com“ keine Benutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr für E-Mail-Referenzierungsdienste dar, so dass auch hier eine Verletzung durch den Beklagten ausscheide.

Ein Verstoß gegen das Namensrecht gemäß § 12 BGB liege auch nicht hinsichtlich der Domains „profitbrick.de“ und „profitbrick.com“ vor, da aufgrund der abweichenden Schreibweise (es fehlt das S am Ende) eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei. In Bezug auf die Domain „profitbricks.org“ sah der BGH ebenfalls keine Rechtsverletzung, da der Verkehr nicht erwarte, dass das klägerische Unternehmen ebenso unter der Top-Level-Domain „.org“ aufgefunden werde könne.


Bezeichnung „Severin*s Resort & Spa“ verletzt die Namensrechte der „St. Severin Gemeinde“

04.11.16 | Ein Hotel- und Appartementbetreiber aus Keitum auf Sylt darf nicht mehr unter dem Namen „Severin*s Resort & Spa“ auftreten, da dies gegenüber der ebenfalls in Keitum ansässigen „St. Severin Gemeinde“ eine unbefugte Namensanmaßung darstellt, urteilte das Oberlandesgericht Schleswig am 29. September 2016 (Az.: 6 U 23/15).

Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde, zu der die „St. Severin Kirche“ gehört, klagte auf Unterlassung der Nutzung des gleichklingenden Namens des Spa-Resorts, sowie gegen die Verwendung der Internetdomain „Severins-sylt.de“. Das Verfahren gelangte bis zum Oberlandesgericht Schleswig, welches entschied, dass die Nutzung des Namens „Severin*s Resort & Spa“ zu unterlassen sei. Die streitgegenständliche Domain verstoße allerdings nicht gegen die Rechte der Kirchengemeinde.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts sei der Name „St. Severin“ eine namensmäßige Bezeichnung, da die Klägerin auf der Insel Sylt als „St. Severin Gemeinde“ bekannt sei. Durch die Verwendung des Wortes „Severin*s“ werde eine Zuordnungsverwirrung hervorgerufen. Es bestünde aufgrund der Namensähnlichkeit die Möglichkeit, dass von einer Verbindung zwischen den beiden Parteien ausgegangen werde, die so tatsächlich nicht besteht. Die Art und der Inhalt der entsprechenden Geschäftstätigkeiten lasse eine solche Verbindung als möglich erscheinen, da in einer Kirche Feierlichkeiten stattfinden, wobei anschließend regelmäßig ein Restaurant aufgesucht werde. Die Lokalität der Beklagten sei von der Kirche fußläufig zu erreichen, so dass auch die örtliche Nähe eine Zuordnungsverwirrung verstärke.

Den Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Domain „Severins-sylt.de“ lehnte das Gericht ab. Nach Meinung des Gerichts seien die schutzwürdigen Interessen der Klägerin insoweit nicht berührt, da die Beklagten nicht den Domainnamen „Severin“ nutzten, sondern „Severins“.


EuGH zur Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente

02.11.16 | Die in der deutschen Arzneimittelpreisverordnung geregelte Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente verstößt gegen europäisches Recht, urteilte der Europäische Gerichtshof am 19. Oktober 2016 (Az.: C-148/15). Nach Auffassung des EuGH liege darin eine ungerechtfertigte Beschränkung des freien Warenverkehrs in der Europäischen Union.

Die deutsche Arzneimittelpreisverordnung sieht vor, dass der Hersteller eines Arzneimittels einen bestimmten Preis festsetzen muss, auf den die Apotheker sowie Großhändler dann einen gesetzlich festgelegten Zuschlag erheben müssen. Darauf berief sich die deutsche Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, als sie gegen ein Bonussystem für verschreibungspflichtige Parkinson-Medikamente klagte, welches von einer Selbsthilfeorganisation für Parkinson-Patienten in Kooperation mit der ausländischen Versandapotheke Doc Morris ins Leben gerufen wurde. Nach Ansicht der Wettbewerbszent-rale verstoße dieses Bonussystem gegen die Arzneimittelpreisverordnung, da die gewähr-ten Boni dem einheitlichen Apothekenabgabepreis zuwider laufen würden.

Die Streitigkeit gelangte bis zum Europäischen Gerichtshof, der die Preisbindung für verschreibungspflichtige Medikamente aus folgenden Gründen ablehnte:

Nach Ansicht des Gerichts hätte die Preisbindungsregelung die gleiche Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung, die den freien Warenverkehr beschränke. Durch die Festlegung einheitlicher Preise können sich Medikamente aus anderen EU-Staaten schwerer auf dem deutschen Markt etablieren als einheimische Medikamente, urteile der EuGH. In seinen Entscheidungsgründen wies das Gericht außerdem darauf hin, dass der freie Warenverkehr ein elementarer Grundsatz der Europäischen Union sei.

Der Europäische Gerichtshof sieht in der Preisbindung außerdem auch keinen erhöhten Vorteil für den Schutz der Gesundheit und des Lebens der Patienten. Das Gericht erkennt in der freien Preisgestaltung sogar einen Vorteil für Patienten, da Apotheken nun angehalten sind, neben dem Verkauf von Medikamenten auch noch weitere Serviceleistungen, wie eine individuelle Beratung, anzubieten.