September 2017

Begriff der Schmähkritik ist eng zu verstehen

13.09.17 | Werden herabsetzende Äußerungen rechtlich als Schmähkritik eingestuft, begrenzt dies das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, so dass der Begriff von Verfassungs wegen eng zu verstehen ist (BVerfG vom 8. Februar 2017, Az. 1 BvR 2973/14).

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Beschwerdeführer der streitgegenständlichen Verfassungsbeschwerde hatte eine Demonstration in der Kölner Innenstadt organisiert, die von einigen Gegendemonstranten – darunter auch ein Bundestagsabgeordneter – aktiv behindert wurde.

Der Bundestagsabgeordnete bezeichnete die Teilnehmer der Demonstration als „braune Truppe“ und „rechtsextreme Idioten“. Daraufhin nannte der Beschwerdeführer den Abge-ordneten „Obergauleiter der SA-Horden“ und sagte weiterhin „Das sind die Kinder von Adolf Hitler. Das ist dieselbe Ideologie, die haben genauso angefangen.“

Dagegen stellte der Abgeordnete Strafanzeige wegen Beleidigung, woraufhin der Be-schwerdeführer zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt wurde. Gegen diese Verurteilung legte der Beschwerdeführer Verfassungsbeschwerde ein und obsiegte.

Nach Ansicht des BVerfG verletze diese Verurteilung in der Tat sein Grundrecht auf Mei-nungsfreiheit, da man die Formulierungen wie „Obergauleiter“ oder „Kinder von Adolf Hit-ler“ unberechtigt als Schmähkritik eingeordnet und keine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung durchgeführt habe. Nach Auffassung des Gerichts hätte zwischen der Mei-nungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Ab-geordneten abgewogen werden müssen.

Bei einer tatsächlichen Formalbeleidigung oder Schmähkritik, hätte ausnahmsweise keine Abwägung vorgenommen werden müssen, da dann die Meinungsfreiheit hinter dem Ehr-schutz zurück trete. Allerdings habe es sich im vorliegenden Fall nicht ausschließlich um eine persönliche Herabsetzung, sondern um eine Kommentierung bzw. um eine Reaktion auf die vorrangegangenen Bezeichnungen („Braune Truppe“, „Rechtsextreme Idioten“) gehandelt, so dass die strafrechtliche Verurteilung verfassungswidrig war.

Generelles Werbeverbot für Zahnärzte verstößt gegen EU-Recht

07.09.17 | Rechtsvorschriften, die jegliche Werbung für zahnärztliche Leistungen verbieten, sind mit dem Unionsrecht nicht vereinbar, da sie unter anderem dazu geeignet sind, Zahnärzte in ihrem Recht auf Nutzung kommerzieller Kommunikation und ihrer Dienstleistungsfreiheit einzuschränken (Urteil des EuGH vom 4. Mai 2017, Az. C-339/15).

Ein zahnärztlicher Berufsverband aus Belgien ging gegen einen ebenfalls in Belgien ansässigen Zahnarzt vor, da dieser vor seiner Praxis mit einer bedruckten Informations-Säule warb, eine Internetseite betrieb und Werbeanzeigen in Tageszeitungen schaltete.

Die Beschwerde des Berufsverbands führte zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Zahnarzt. Das zuständige Strafgericht in Belgien wandte sich an den EuGH, um die Vereinbarkeit des Werbeverbots für Zahnärzte mit dem EU-Recht überprüfen zu lassen.

Der EuGH entschied, dass die kommerzielle Kommunikation zwar grundsätzlich durch berufsrechtliche Regelungen eingeschränkt werden könne, allerdings nicht jede Form von Online-Werbung für Zahnärzte verboten werden dürfe.

Ferner verletze das allgemeine Werbeverbot die Dienstleistungsfreiheit, da es Zahnärzte daran hindere, sich bei ihren potentiellen Kunden bekannt zu machen und für ihre Dienstleistungen zu werben.

Auch zwingende Gründe des Allgemeininteresses würden ein Werbeverbot nicht rechtfertigen. Zwingende Gründe lägen vor, wenn der Schutz der Gesundheit gefährdet wäre, oder das Image des Zahnarztberufs gefährdet werden würde. Ein absolutes Verbot jeglicher Werbung ginge allerdings über die Erreichung entsprechender Ziele hinaus. Diese würde auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen erreicht werden können, ohne die Zahnärzte grundsätzlich in ihren Werbemaßnahmen einzuschränken.

Kennzeichenverletzung durch Google-Suchergebnisse

01.09.17 | Ein Anzeigenbesteller haftet auf Unterlassung für die automatische Google-Listung einer fremden Anzeige ab Kenntnisnahme, auch wenn er den fremden Unternehmensbegriff nicht für Adword – Werbung angegeben hat (OLG Schleswig, mit Urteil vom 22. März 2017, Az. 6 U 29/15).

Sowohl die Klägerin als auch die Beklagte betreiben PKW-Werkstätten, die sich in örtlicher Nähe zueinander befinden. Die Beklagte bewarb ihr Unternehmen bei Google über eine Adword-Kampagne. Sobald man allerdings den Firmennamen der Klägerin („Wheel Clean Tec“) bei Google eingab, erschien daraufhin die Werbeanzeige der Beklagten mit dem Hinweis „Anzeige zu Wheels Clean Tec“.

Dieses Ergebnis hatte die Beklagte aber nicht zu verantworten, sie hatte den Namen der Klägerin nicht für ihre Adword-Werbung angegeben. Die Verbindung kam aufgrund des Google-Suchalgorithmus zustande.

Nach Ansicht des Gerichts jedoch hatte die Beklagte die Unternehmensbezeichnung „Wheel Clean Tec“ – objektiv betrachtet – kennzeichenmäßig verwendet. Es sah in der Werbeanzeige der Beklagten mit der Verbindung zum Unternehmen der Klägerin eine Beeinträchtigung der kennzeichenmäßigen Herkunftsfunktion. Das Gericht war der Auffassung, dass der durchschnittliche Internetnutzer nicht erkennen könne, ob zwischen den beiden Unternehmen eine Verbindung bestehe.

Eine Verwechslungsgefahr sei daher gegeben, da die Anzeige die Überschrift „Anzeige zu Wheel Clean Tec“ enthalte, und daher beim Internetnutzer der Eindruck entstehe, die Anzeige käme von der Klägerin. Die Beklagte käme nicht als Verletzerin in Betracht, sondern als Störerin, weil sie trotz Hinweisen den Namen der Klägerin nicht auf die sogenannte „Blacklist“ gesetzt habe.

Indem die Beklagte also trotz zuvor erteilter Hinweise nicht eingeschritten ist, hat sie die Kennzeichenrechte der Beklagten verletzt, und dies zukünftig zu unterlassen.