Februar 2021

In drei Jahren zur Restschuldbefreiung

23.02.2021 | Seit dem 01.01.2021 gilt ein reformiertes Insolvenzrecht für die Restschuldbefreiung für natürliche Personen. Seither dauern Insolvenzverfahren für Privatpersonen, Selbstständige und ehemals Selbstständige nur noch drei Jahre.

Schuldner können somit nach drei Jahren schuldenfrei werden, da nach dieser Zeitspanne nunmehr die Restschuldbefreiung erteilt wird. Die Unterteilung in Regel- und Verbraucherinsolvenzverfahren nach § 304 InsO mit der Notwendigkeit der Durchführung eines außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren für Verbraucher vor entsprechender Antragstellung besteht weiterhin.

Das neue Recht gilt rückwirkend für Verfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden. Für Verfahren, die zwischen dem 17.12.2019 und dem 30.09.2020 beantragt wurden, verkürzt sich die Frist anteilig (Art. 103k Abs. 1 und 2 EGInsO n. F.).

Die verkürzte Laufzeit des Insolvenzverfahrens zur Erlangung der Restschuldbefreiung auf drei Jahre gilt für Verbraucher genauso wie für Selbstständige und ehemals Selbstständige. Allerdings ist die Verkürzung der Frist für Verbraucher derzeit nur bis zum 30.06.2025 gesetzlich vorgesehen.

Ausnahmen im Hinblick auf die nunmehr geltende Verkürzung der Laufzeit des Insolvenzverfahrens bestehen jedoch im Wiederholungsfall, wenn dem Schuldner auf Grundlage eines nach dem 30.09.2020 gestellten Insolvenzantrages schon einmal die Restschuldbefreiung erteilt wurde.

Dann gilt für ein weiteres Insolvenzverfahren im Hinblick auf die Erlangung der Restschuldbefreiung eine Abtretungsfrist von fünf Jahren und eine Sperrfrist von elf Jahren (§ 287 Abs. 2 InsO).

Die bisher gemäß § 300 Abs. 1 Nr. 2 InsO a. F. geltenden zusätzlichen Voraussetzungen, wie die Begleichung der Verfahrenskosten und eine Befriedigungsquote für die Gläubiger in Höhe von 35 %, sind für Verfahren mit erfolgter Antragstellung nach dem 01.10.2020 entfallen.

Im Gegenzug hat der Gesetzgeber Vermögensbestandteile in das Insolvenzrecht einbezogen, die vorher keine Berücksichtigung gefunden hatten.

So muss der Schuldner – wie bisher auch – Vermögen, welches er von Todes wegen oder durch Schenkung erwirkt, im Restschuldbefreiungsverfahren zur Hälfte an den gerichtlich bestellten Treuhänder herausgeben. Zusätzlich werden nunmehr aber auch Gewinne aus einer Lotterie, Ausspielung oder einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeit in das vom Schuldner anzugebende Vermögen einbezogen, da diese Geldzuflüsse in voller Höhe an den Treuhänder herauszugeben sind (§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO n. F.).

Außerdem darf der Schuldner im Restschuldbefreiungsverfahren zukünftig keine unangemessenen Verbindlichkeiten mehr begründen. Um diese Obliegenheit wurde der Pflichtenkatalog des Schuldners nach    § 295 S. 1 Nr. 5 InsO erweitert.

Verstößt der Schuldner gegen seine Obliegenheiten, versagt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung auf Antrag eines Insolvenzgläubigers, wenn dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtig wird. Dies gilt nicht, wenn den Schuldner kein Verschulden trifft. Im Falle der Begründung von unangemessenen Verbindlichkeiten ist dabei sogar grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorausgesetzt (§ 296 Abs. 1).

Von der Herausgabepflicht bei Schenkungen sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen. Auch der Schuldner eines Insolvenzverfahrens soll nicht von der sozialen Praxis der gelegentlichen Zuwendung von Geschenken abgeschnitten werden. Als Orientierungsgröße wird auf eine Einzelgrenze von 200,00 € und eine Jahresgrenze von 500,00 € abgestellt.

Sofern Unstimmigkeiten zwischen dem Schuldner und dem Treuhänder über die herauszugebenden Vermögenswerte besteht, stellt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners fest, ob ein Vermögenserwerb von der Herausgabeobliegenheit ausgenommen ist.

Mit der nunmehr bestehenden Möglichkeit einer vollständigen Entschuldung in dem verkürzten Zeitrahmen von drei Jahren wird Schuldnern ein wirtschaftlicher Neustart deutlich erleichtert. Allerdings bestehen deutliche Verschärfungen im Wiederholungsfall.

Zudem wurden die Pflichten des Schuldners in Form der Obliegenheiten nach § 295 Satz 1 InsO n. F. verschärft.

Gleichwohl schafft das neue Recht redlichen Schuldnern deutliche Erleichterungen im Hinblick auf den zeitlichen Umfang einer angestrebten Entschuldung.

 

 

Erwerbsobliegenheiten des Selbstständigen in der Insolvenz

23.02.2021 | Für selbstständig tätige Schuldner hat die Freigabe ihrer selbstständigen Tätigkeit durch den Insolvenzverwalter eine erhebliche Bedeutung.

Durch die Freigabe wird dem gewerblichen oder aber freiberuflichen Unternehmer ermöglicht, seiner selbstständigen Tätigkeit in Zukunft außerhalb des Insolvenzbeschlags weiter nachzugehen.

Will der Schuldner nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erneut selbstständig tätig werden, muss er den Insolvenzverwalter über die Aufnahme oder Fortsetzung einer selbstständigen Tätigkeit informieren. Der Insolvenzverwalter erhält so die notwendigen Informationen, um entscheiden zu können, ob eine Freigabe der Tätigkeit im Interesse der Insolvenzmasse ist. Bittet der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen selbstständigen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat gegenüber dem Schuldner zu erklären (§ 35 Abs. 3 S. 2 InsO).

Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Auf Antrag der Gläubiger kann das Insolvenzgericht jedoch die Unwirksamkeit der Erklärung des Insolvenzverwalters anordnen.

Die Folgen der Freigabe der selbstständigen Tätigkeit für das Restschuldbefreiungsverfahren werden zukünftig in § 295a InsO zusammengefasst. So ist die Erwerbsobliegenheit des selbstständigen Schuldners wortgleich in die Vorschrift des § 295a Abs. 1 S. 1 InsO überführt worden.

Wie bisher auch, hat ein Schuldner, der einer selbstständigen Tätigkeit nachgeht, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an die Insolvenzmasse so zu stellen, als wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.

Die sich hiernach ergebenen Zahlungen sind kalenderjährlich, spätestens bis zum 31. Januar des Folgejahres, an den gerichtlich bestellten Treuhänder zu leisten. Eine jährliche Abführung gewährt dem Schuldner die Flexibilität, die er bei entsprechendem unregelmäßigem Einkommen zum Ausgleich temporärer Mindereinnahmen benötigt.

Um dem Schuldner eine größere Sicherheit zu verschaffen, eröffnet die Vorschrift des § 295a Abs. 2. InsO ein Verfahren, mit dem die Höhe der Bezüge aus einem angemessenen Dienstverhältnis festgestellt werden kann.

So stellt das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners den Betrag fest, der den Bezügen aus den nach         § 295a Abs. 1 InsO zugrunde zulegenden Dienstverhältnis entspricht. Dabei hat der Schuldner die Höhe der Bezüge, die er aus einem angemessenen Dienstverhältnis erzielen könnte, glaubhaft zu machen. Die Rechtskraftwirkung der Entscheidung erstreckt sich auf alle Beteiligten in einem etwaigen Versagungsverfahren. Auf Grundlage dieser Feststellung kann der Schuldner den pfändbaren Anteil am Nettoeinkommen und damit in Höhe der ihn treffenden Abführungsobliegenheit an die Insolvenzmasse zahlen.

Die erfolgten Neuregelungen der Insolvenzordnung hinsichtlich eines selbständigen Schuldners führen zu mehr Rechtssicherheit. Insbesondere kann der Schuldner Höhe der ihn treffenden Abführungsobliegenheit nunmehr gerichtlich festsetzen lassen.