März 2021

Insolvenzantragspflicht ja oder nein ?

03.03.2021 | Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht hat für den oder die verantwortlich Handelnden weitreichende Konsequenzen.

Nach § 15a Abs. 4 InsO wird mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer entgegen der Insolvenzantragspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder aber nicht richtig einen Eröffnungsantrag stellt. Handelt der Täter fahrlässig, so ist dies mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe sanktioniert.

Die Verurteilung wegen des Vorwurfes der Insolvenzverschleppung hat neben der strafrechtlichen Sanktion weiterreichende Auswirkungen, da eine Person, die wegen einer Insolvenzverschleppung verurteilt wurde nicht oder nicht mehr Geschäftsführer sein kann. Dieser Ausschluss von der Geschäftsführung gilt für die Dauer von fünf Jahren seit Rechtskraft eines entsprechenden Urteils.

Nach § 15a Abs. 1 InsO haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler, wenn eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet wird, ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die GmbH & Co. KG.

Als Reaktion auf die anhaltende Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft erfolgte mit Wirkung ab dem 01.03.2020 die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Hiernach wurde die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 30.09.2020 ausgesetzt.

Die Aussetzung von der Insolvenzantragspflicht galt anfänglich nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Dabei wurde durch den Gesetzgeber die gesetzliche Vermutung aufgestellt, dass sofern der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig war, die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Mit dem Gesetz zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes vom 25.09.2020 (BGBl 2020 I 2016) erfolgte die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht allerdings nur für den Insolvenzgrund der Überschuldung bis zum 31.12.2020. Somit bestand wegen des Insolvenzgrundes der Zahlungsunfähigkeit ab dem 01.10.2020 wieder in vollem Umfang die Insolvenzantragspflicht.

Mit dem am 01.01.2021 in Kraft getretenen SanInsFoG ist eine weitere Anpassung der Insolvenzordnung und dem COVInsAG erfolgt. Nach § 1 Abs. 3 COVInsAG ist vom 01. Januar 2021 bis zum 30 April 2021 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages nach Maßgabe des Absatzes 1 für die Geschäftsleiter solcher Schuldner ausgesetzt, die im Zeitraum vom 01. November 2020 bis zum 28. Februar 2021 einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistung im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben. War eine Antragstellung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen innerhalb des Zeitraums nicht möglich, gilt Satz 1 auch für Schuldner, die nach den Bedingungen des staatlichen Hilfsprogramms in den Kreis der Antragsberechtigten fallen.

Dies gilt nicht, wenn offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht und die erlangbare Hilfeleistung für die Beseitigung der Insolvenzreife unzureichend ist.

Unter den vorstehend genannten Voraussetzungen gilt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nunmehr wieder für den Tatbestand der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit.

Trotz der vorstehend genannten Regelung kann nicht von einer generellen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ausgegangen werden, da die gesetzgeberisch aufgestellten Tatbestandsmerkmale den tatsächlichen Anwendungsbereich erheblich einschränken.

Die weit überwiegende Zahl der Insolvenzanträge wird wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund spielen bei der Antragstellung in der Insolvenzstatistik allenfalls eine untergeordnete Rolle.

Ob und in welcher Form die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht weitergeht, ist vor dem Hintergrund des Pandemiegeschehens derzeit noch nicht absehbar.

Festzuhalten bleibt jedoch, dass die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht mit dem 31.12.2020 grundsätzlich auch für den Insolvenzgrund der Überschuldung ausgelaufen ist.

Die enge, neugeschaffene Ausnahme nach § 1 Abs. 3 COVInsAG soll im Kern lediglich verhindern, dass allein die Dauer der bürokratischen Abwicklung der beschlossenen Hilfsprogramme zur Stellung eines Insolvenzantrages zwingt.

Die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht betrifft daher nur eine kleine Gruppe von Unternehmen. Sofern eine falsche Einschätzung der aktuellen Rechtslage erfolgt, kann dies für den Geschäftsführer mit erheblichen Konsequenzen in Form der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und der zivilrechtlichen persönlichen Haftung einhergehen.

Daher ist es für den Geschäftsführer einer juristischen Person weiterhin erforderlich und alternativlos eine mögliche Insolvenzantragspflicht im Blick zu behalten.