Juni 2017

Ärzte haben keinen Anspruch auf Löschung von praxis- und personenbezogenen Daten

30.06.17 | Auch wenn das Profil auf einem Ärztebewertungsportal zur Anzeige kostenpflichtiger Werbung von Mitbewerbern genutzt wird, können Ärzte nicht die Löschung ihrer praxis- und personenbezogenen Daten von der Seite verlangen (OLG Köln, Urteil vom 5. Januar 2017, Az.: 15 U 121/16).

Eine Fachärztin klagte gegen das Ärztebewertungsportal „JAMEDA“ auf Löschung ihrer Daten, wie Namens- und Adressangaben sowie Öffnungszeiten. Zudem verlangte sie die vollständige Löschung ihres Profils, unter das Patienten ihre Bewertungen schreiben können. Neben den Bewertungen werden auch Werbeanzeigen von anderen Ärzten eingeblendet.

Die klagende Ärztin war der Ansicht, dass das Portal gegen ihren Willen Daten nutze, um eine Werbeprojektionsfläche zu bieten. Ferner hätten Nutzer die Möglichkeit, Bewertungen anonymisiert abzugeben, was zu Desinformationen der Patienten führen würde. Sie machte weiterhin geltend, dass das Profil ohne ihre Mitwirkungsmöglichkeit eingerichtet wurde.

Das Oberlandesgericht Köln wies die Klage zurück, da es die Speicherung der Daten auf dem Bewertungsportal als zulässig ansah. Nach Auffassung des Gerichts überwiege hier das Recht des Portalbetreibers auf Kommunikationsfreiheit die Beeinträchtigung der Ärztin durch die Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten. Negative Bewertungen müsse die Ärztin hinnehmen, sofern diese sachlich seien. Die Einblendung von Werbeanzeigen anderer (zahlender) Ärzte komme ferner den Nutzern zugute, da ihnen alternative Arztpraxen vorgeschlagen werden.


Die Zeugenvorbereitung im internationalen Schiedsverfahren

22.06.17 | Ein Schiedsverfahren speziell bei rechtlichen Streitigkeiten im internationalen Wirtschaftsverkehr hat erhebliche Vorteile gegenüber einem Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Dies betrifft speziell auch den Aspekt der Zeugenvorbereitung durch einen Anwalt der Prozessparteien (sog. Witness Coaching). In diesem Zusammenhang ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen der „Einstimmung“ eines Zeugen auf die Formalien seiner anstehenden Beweisaussage und der unzulässigen Beeinflussung seiner inhaltlichen Aussage. Deutlich wird dies insbesondere dann, wenn in einer rechtlichen Auseinandersetzung Anwälte eingebunden sind, die mit der US-amerikanischen Praxis eines Zivilverfahrens vertraut und dort heimisch sind. Denn dort ist das Witness Coaching als Zeugenvorbereitung Teil des Rechtssystems und gängige Praxis im Rahmen der Rechtsverfolgung.

Demgegenüber wird eine Zeugenvorbereitung von der hiesigen Praxis und damit Gerichten anlässlich einer bevorstehenden Beweisaufnahme bei einem staatlichen bzw. ordentlichen Gericht mit Zurückhaltung und Argwohn betrachtet. Dies resultiert insbesondere aus dem Umstand, dass die Grenze zur Verleitung einer Falschaussage oder auch nur der Versuch hierzu nach den einschlägigen Strafvorschriften (§§ 159, 160 Strafgesetzbuch) schnell überschritten werden kann. Denn nach der hiesigen Rechtsvorstellung gilt die Forderung, wonach schon der Anschein einer unzulässigen Zeugenbeeinflussung zu vermeiden ist.

Hier zeigt sich ein deutlicher Vorteil und ein Argument für die Vereinbarung eines internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Gegensatz zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren vor einem deutschen Gericht. Denn nach herrschender Auffassung wird die Zeugenvorbereitung bzw. das Witness Coaching nach US-amerikanischem Vorbild als eine zulässige Prozesshandlung weiter anerkannt und nicht als unzulässige Zeugenbeeinflussung verstanden. Hierdurch darf natürlich die Forderung an den Zeugen zu einer prozessualen Wahrheitspflicht nicht unerfüllt bleiben.

Die Zeugenvorbereitung kann vielfältige Formen annehmen. Eine zentrale Form ist die Durchführung eines Probelaufs der zu erwartenden Befragung des in Aussicht genommenen Zeugen (sog. „mock Trial“). Dies kann bis zur Einflussnahme auf die Wortwahl des Zeugen führen; ein Einfluss auf den Inhalt der Zeugenaussage darf damit natürlich nicht verbunden sein. Eine solche Vorgehensweise, sofern das hier angerufene ordentliche Zivilgericht dem nachgeht, könnte zu einer Ablehnung des so „präparierten“ Zeugen führen, was wiederum verheerende Folgen für die beweisbelastete Partei haben kann.

Die vorstehende Darlegung macht deutlich, dass die Vereinbarung eines Schiedsgerichts im internationalen Wirtschaftsverkehr auch unter dem Gesichtspunkt der Beweisführung einen erheblichen Vorteil bietet gegenüber einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Es kann sich deshalb nachhaltig empfehlen, bei dem Abschluss von internationalen grenzüberscheitenden Verträgen ein Schiedsgericht für sämtliche Rechtsstreitigkeiten zu vereinbaren.


Bezeichnungen wie „Pflanzenkäse“ oder „Tofubutter“ verstoßen gegen EU-Recht

20.06.17 | Rein pflanzliche Lebensmittel dürfen nicht mit Begriffen wie „Butter“, „Käse“ oder „Milch“ beworben werden, da diese Bezeichnungen nur tierischen Produkten vorbehalten sind (EuGH mit Urteil vom 14. Juni 2017, Az.: C-422/16).

Ein Wettbewerbsverband klagte gegen ein Unternehmen, das vegetarische und vegane Lebensmittel herstellt und vertreibt. Der Wettbewerbsverband sah in der Nutzung von entsprechenden Bezeichnungen einen Verstoß gegen Wettbewerbs- sowie Europarecht. Der Tofu-Hersteller dagegen vertrat die Auffassung, dass der angesprochene Verkäufer wisse, dass es sich um pflanzliche Produkte handele, da auf der Verpackung ausdrücklich darauf hingewiesen werde.

Der EuGH sieht allerdings in der Verwendung von Begriffen wie „Pflanzenkäse“,“ Veggie-Cheese“, „Tofubutter“ und „Cream“ für rein vegetarische Produkte einen Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen. Die Bezeichnung als „Milch“, „Molke“, „Butter“ oder „Käse“ sei demnach ausschließlich Milcherzeugnissen vorbehalten. Daher hätten klarstellende oder beschreibende Zusätze auch keine Auswirkungen auf dieses Verbot.

Das Verbot diene nach Ansicht des Gerichts der Verbesserung wirtschaftlicher Bedingungen, der Qualität der Erzeugnisse sowie dem Verbraucherschutz und dem Erhalt fairer Wettbewerbsbedingungen. Die streitgegenständlichen Bezeichnungen wären verwechslungsfähig und widersprächen damit dem Verbraucherschutz.

Eine Verwechslungsgefahr in der Vorstellung der Verbraucher könne nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so dass diese Begriffe im Ergebnis nicht mehr für vegetarische bzw. vegane Lebensmittel verwendet werden dürfen.


EuGH zu Informationspflichten in Anzeigenwerbung

15.05.17 | Selbst wenn eine Zeitung in ihrem Bericht über ein falsches Gerücht, darauf hinweist, dass es sich um ein Gerücht handelt, kann dies eine erhebliche Geldentschädigung begründen (OLG Hamburg mit Urteil vom 17. Januar 2017, Az. 7 U 32/15).

Ein Verlag berichtete in einem Artikel über ein in Deutschland sehr bekanntes Ehepaar (Corinna und Michael Schumacher). Auf dem Titelblatt war die folgende Schlagzeile abgedruckt: „Wie gemein! … Sie standen vor der Trennung! Wer setzt solche Gerüchte in die Welt? Es geht um die Zeit vor dem Unfall…“ Ursprünglich veröffentlichte ein Nutzer entsprechende Gerüchte auf seinem öffentlichen Facebook-Profil.

Der Artikel im Innenteil der auflagenstarken Zeitung befasste sich dann mit den Gerüchten über die Trennungsabsichten des berühmten Ehepaars.

Nach Ansicht des OLG Hamburg steht den Betroffenen eine Geldentschädigung in Höhe von 30.000 € zu, da die Verbreitung des unwahren Gerüchts das Persönlichkeitsrecht in schwerwiegender Weise verletze und rechtswidrig in die Privatsphäre des Ehepaars eingreife. Der Verlag habe keine Recherche dargelegt, auf welchen Erkenntnissen der vorhergehende Facebook-Post beruhe.

Die Verbreitung des Gerüchts wurde in dem Artikel zwar als „gemein“, „fies“ und „widerlich“ bezeichnet, dennoch seien diese Stellungnahmen nichtssagend und gäben keine Auskunft darüber, ob die Gerüchte wahr seien oder nicht.

Das Gericht nahm daher an, dass die Zeitung die Gerüchte ungeprüft einfach übernommen und sich nicht ausreichend davon distanziert habe, so dass ein hoher Schadensersatzanspruch gerechtfertigt sei.