Dezember 2016

Keine pauschale Beteiligung der Musikverlage an Einnahmen der GEMA

20.12.16 | Die Verwertungsgesellschaft GEMA darf keine pauschalen Verlegeranteile mehr an die Musikverlage ausschütten, entschied das Kammergericht Berlin mit Urteil vom 14. November 2016 (Az.: 24 U 96/14).

In dem Verfahren klagten Künstler aus der Musikbranche gegen die Verwertungsgesellschaft, wobei sich das Gericht mit der Frage auseinanderzusetzen hatte, wie die Einnahmen aus den geltend gemachten Nutzungsrechten zu verteilen sind. Es entschied, dass die GEMA nicht berechtigt sei, die den Urhebern zustehenden Vergütungsanteile pauschal zu kürzen, um diese Pauschalen dann an die Musikverlage auszuzahlen. Das Kammergericht verurteilte die GEMA zudem zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung hinsichtlich der entsprechenden Verlegeranteile.

Das Gericht legte hier die Rechtsprechung des BGH zur Auszahlung der Einnahmen der VG Wort an Verlage zu Grunde (Az.: I ZR 198/13). Dementsprechend war es der Auffassung, dass die GEMA entsprechende Einnahmen nur an diejenigen ausschütten dürfe, die ihre Rechte auch wirksam an die Verwertungsgesellschaft übertragen hätten. Sofern die Urheber ihre Rechte also auf die GEMA übertragen hätten, könnten die Musikverlage daraus keine Ansprüche ableiten. Das Kammergericht Berlin begründet dies damit, dass den Verlegern kein eigenes Leistungsschutzrecht zustehe, so dass sie auch nicht an den Einnahmen aus den Nutzungsrechten beteiligt werden.

Das Gericht nahm allerdings an, dass eine Ausnahme vorläge, wenn die Künstler zuvor konkrete Zahlungsanweisungen zugunsten der Verleger getroffen oder ihre Zahlungsansprüche gegen die GEMA an die Verleger (teilweise) abgetreten hätten. Hiervon sei im vorliegenden Fall allerdings nicht auszugehen.


Vertragshändler – Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) – Vereinbarung Deutsches Recht

07.04.16 | Die vertrieblichen Aktivitäten im Ausland begründen stets neu Fragestellungen, insbesondere bei der Einschaltung von Vertriebsmittlern, wie Handelsvertreter oder Vertragshändler. Bei grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen ist nahezu stets die Entscheidung zu treffen, welches Recht zur Anwendung kommen soll im Rechtsverhältnis zwischen den Vertragsparteien. Ob die Vereinbarung deutschen Rechts einen „Heimvorteil“ bietet, ist in jedem Einzelfall zu prüfen. Jedenfalls hat der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 25.02.2016 eine eindeutige Position bezogen im Hinblick auf den Ausgleichsanspruch eines Vertriebshändlers.

Der Sachverhalt ist ausgesprochen übersichtlich:

Ein Vertragshändler mit Sitz in Schweden verlangt von der in Deutschland ansässigen Beklagten nach Beendigung eines Vertragshändlervertrages einen Ausgleich in analoger Anwendung des § 89 b HGB. Die Parteien hatten deutsches Recht für ihr Vertragsverhältnis vereinbart.

Der Bundesgerichtshof hat für diesen Fall eine nunmehr eindeutige Position bezogen. Wenn bei dieser Rechtswahl der Vertragshändler seine Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ausübt, „kann der Ausgleichsanspruch entsprechend § 89b HGB nicht im Voraus ausgeschlossen werden“. In einem solchen Fall hat der Prinzipal (Hersteller/Lieferant) einen Ausgleichsanspruch an den Vertragshändler zu zahlen, wie ihn ein Handelsvertreter zu beanspruchen hätte.

Der Bundesgerichtshof bejaht am Schluss seiner Entscheidung unter Berufung auf die ROM I-Verordnung die Möglichkeit, ein anderes Recht zu wählen, welches ggf. keinen Ausgleichsanspruch für einen Vertragshändler vorsieht. Es zeigt sich mehr denn je, dass die Vereinbarung des zur Anwendung kommenden Rechts keine Nebensächlichkeit ist, sondern erhebliche, im Falle einer mehrjährigen Kooperation möglicherweise sogar existentielle Konsequenzen haben kann.


Unerlaubtes Abfangen von Kunden durch Verteilung von Handzetteln in unmittelbarer Nähe des Mitbewerbers

12.12.16 | Es stellt eine wettbewerbsrechtswidrige Behinderung dar, wenn Mitbewerber Flyer an Personen verteilen lassen, die sich mit ihrem PKW unmittelbar auf der Einfahrt des Konkurrenzunternehmens befinden (OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 6. Oktober 2016, Az.: 6 U 61/16).

Die Parteien betreiben jeweils ein Geschäft mit größtenteils identischem Warenangebot, wobei die Geschäfte 400 m voneinander entfernt liegen. Ende des Jahres 2015 ließ eine Partei Handzettel mit Werbung für ihr Unternehmen an Autofahrer verteilen, die gerade auf dem Weg zur Konkurrentin waren, wegen eines Rückstaus allerdings warten mussten.

Aufgrund dieser Werbemaßnahme kam es zwischen den Parteien zu einer Auseinandersetzung im einstweiligen Verfügungsverfahren, mit dem Ergebnis, dass die Antragsgegnerin das unerlaubte Abfangen von Kunden zukünftig unterlassen muss. Das Oberlandesgericht Frankfurt stützte seine Entscheidung auf folgende Erwägungen:

Grundsätzlich gehöre das Abwerben von Kunden zwar zum Wesen des Wettbewerbs. Sofern sich der Abwerbende allerdings gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stelle, um ihm eine Änderung seines Kaufentschlusses aufzudrängen, sei dies eine unlautere Behinderung des Konkurrenten.

Im vorliegenden Fall seien die Kunden bereits der Antragstellerin zuzurechnen gewesen, da sich diese unmittelbar auf dem Zufahrtsweg zu ihr befanden. Zudem liege eine unangemessene Einwirkung vor, weil die potentiellen Kunden unzumutbar belästigt worden seien. Die Unzumutbarkeit ergebe sich daraus, dass sich die angesprochenen Kunden aufgrund der Verkehrslage der Werbung nicht entziehen konnten und vermutlich allein aus Höflichkeit den Flyer entgegen nahmen.